Die Lage der Gastronomie spitzt sich dramatisch zu. Das schlechte Wetter in den Monaten Mai bis Juli hat aber nicht nur den Biergärtenwirten massive Umsatzeinbrüche in Höhe von bis zu 40 Prozent eingebracht. Jetzt kämpft auch die etablierte Szenegastronomie, die bisher immer von Sommerregen und -kälte profitieren konnte, zusehends um ihr Überleben. So wurde das "Orangha" in der Klenzestraße bereits geschlossen.
Auch das Café Mozart in der Pettenkoferstraße oder der Ksar-Club in der Müllerstraße sind vom Kneipensterben bedroht. "Es gibt einfach 2000 Gaststätten zu viel in dieser Stadt", sagt Ludwig Hagn, Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG). Er sieht in der Marktbereinigung die einzige Möglichkeit, die Situation zu verbessern.
Doch die Aussichten auf eine Wendung der Lage zum Guten sind schlecht: "Das Problem ist und bleibt, dass jeder Wirt werden kann - ohne eine fundierte Ausbildung zu besitzen. Und dann stimmen einfach die Rahmenbedingungen nicht." Doch auch die viel zu hohen Mieten, die hohen Personalkosten und die Schwarzgastronomie wie Vereins- oder Waldfeste machten den Gastronomen der Stadt zu schaffen.
Zudem sei die "temporäre Gastronomie" zu einer neuen und starken Konkurrenz für die Kneipenbesitzer geworden, meint Hagn. Unter die Rubrik "temporär" fallen all die vielen neuen Clubs und Bars, die nur für kurze Zeit bestehen - und sich häufig in Abrisshäusern ansiedeln. "Die zahlen dafür ja kaum Pacht und müssen zudem weniger Auflagen erfüllen." Die Betreiber dieser Lokale weisen derartige Vorwürfe jedoch ebenso weit von sich wie die für die Erteilung der Konzessionen und baulichen Genehmigungen Zuständigen im Kreiswaltungs- und Planungreferat: "Die Auflagen sind für alle gleich."
Streifzüge durch verschiedene Lokale
Wie auch immer: Eines der Hauptprobleme für viele der Wirte scheint das veränderte Konsumverhalten der Gäste zu sein. So gelten jetzt permanente Ortswechsel und Streifzüge durch verschiedene Nachtlokale wieder als chic. "Die Verweildauer verkürzt sich. Gleichzeitig fehlt den Leuten aber einfach das Geld - die, die früher drei Bier am Abend getrunken haben, bestellen heute nur noch zwei. Da ist der Wirt schnell bei Umsatzrückgängen von 33 Prozent", sagt Hagn.
Eine Erfahrung, die auch Bruno Köpf, Inhaber des "Ksar Club" in der Müllerstraße gemacht hat. "Wir haben immer häufiger weniger als die Hälfte des Umsatzes im Vergleich zu früher." Deshalb will Köpf auch Ende 2004 das Szene-Lokal nach zwölf Jahren schließen: "Dann läuft unser Mietvertrag aus, und vielleicht hat unser Konzept auch so etwas wie eine Halbwertszeit erreicht." Aber die Hoffnung gebe er dennoch nicht auf, meint Köpf: "Wir werden nochmal die Preise senken, aber ob das noch was bringt, ist die Frage."
Auch im Café Mozart in der Pettenkoferstraße, das immer gut besucht war, konnte man in diesem Jahr nicht mehr punkten. "Die Sommer waren immer schwierig, weil wir weder Freischankflächen noch eine Lüftung haben", erzählt Geschäftsführer Reza Shahian. Aber heuer sei es besonders schlimm geworden.
Lokal geschlossen, Telefon gekappt
Seine beiden Vorgänger als Geschäftsführer hätten offene Rechnungen hinterlassen, Mieten und Personal nicht mehr bezahlt. "Es ging um 80.000 Euro. Jetzt haben wir es bereits geschafft, wenigstens für August Miete und Personal zu bezahlen." Ansonsten baut Shahian noch ganz auf eine neue Lüftung, auf einen DJ, der von September an täglich auflegen wird und auf mehr Auswahl auf der Speisekarte: "Wir müssen es einfach schaffen, das Ruder herumzureißen." Den Betreibern des "Orangha" in der Klenzestraße, einst beliebter In-Treff, ist das offenbar nicht mehr geglückt. Seit kurzem ist das Lokal geschlossen, die Telefonleitung gekappt.