"Klinglwirt" in Haidhausen:Frisch auf den Tisch

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Früher war hier das damals wohl einzige bulgarische Restaurant der Stadt, künftig gibt es beim "Klinglwirt" in Haidhausen deftige bayerische Küche zu moderaten Preisen. Altbacken geht in dem Lokal dennoch nicht zu - im Gegenteil.

Astrid Becker

Ein wenig will man gern an ein kleines gastronomisches Wunder glauben. Denn ganz ehrlich: So viele bayerische Wirtshäuser gibt es nicht in der Stadt, die ihren Schweinsbraten und die dazugehörigen Knödel noch selbst kochen - genau so eben, wie es sich eigentlich gehören würde. Nach Omas oder Mamas Rezept. Wer einmal die Lebensmittel-Großhandelsgeschäfte der Stadt besucht hat, weiß: Egal, ob Semmel- oder Kartoffelknödel - es gibt sie dort längst in der Riesenpackung, vakuumiert und industriell hergestellt. Convenience, wie diese Ware auf Neudeutsch heißt.

Wie eine Dorfwirtschaft stellt sich Sonja Obermeier ihren "Klinglwirt" in der Balanstraße vor. Deshalb sind bei ihr, anders als in vielen anderen bayerischen Lokalen, Schafkopfrunden ausdrücklich erwünscht. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Sonja Obermeier kann so etwas nicht ausstehen. Und das ist vielleicht einer der Gründe, warum die zierliche 34 Jahre alte Frau in Haidhausen ihren "Klinglwirt" eröffnet, ein bayerisches Gasthaus für alle Bewohner des Stadtteils, wie sie sagt. Genau genommen vollbringt sie sogar ein Kunststück: Sie dreht eine alte Insiderregel um, die besagt, dass auf einer bayerische Wirtschaft eine italienische folge, dann vielleicht noch eine griechische, am Ende jedoch immer eine chinesische - und damit ist dann endgültig Schluss mit dem gastronomischen Standort an dieser Stelle.

Sonja Obermeier tritt nun den Gegenbeweis an: Vor dem "Klinglwirt" war einst in den Räumlichkeiten ein mexikanisches Restaurant untergebracht, das "Santa Fe" - und zuletzt das "Rila", das damals wohl einzige bulgarische Restaurant in der Stadt. Doch Verpächter Löwenbräu sah sich plötzlich mit einem Problem konfrontiert: Einer der beiden Wirte kündigte den Vertrag, ohne das Wissen des anderen. Dies war ihm möglich, weil nur er das Schriftstück unterzeichnet hatte. So erzählt es zumindest die Brauerei.

Sein Geschäftspartner wollte aber nicht aufgeben - und hat nun mittlerweile ein neues Rila in der Kaulbachstraße eröffnet. Es heißt aber auch, Löwenbräu habe kein bulgarisches Restaurant mehr gewollt - was vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen ist: In das Konzept einer Brauerei, der wegen ihrer Zugehörigkeit zum weltweit agierenden Braugiganten AB Inbev hierzulande Imageprobleme nachgesagt werden, passt ein bayerisches Wirtshaus nun mal besser.

Und Sonja Obermeier setzte sich mit ihren Ideen dafür gegen fünf Mitbewerber durch. Die dunkelhaarige Frau stammt aus dem Landkreis Ebersberg, wo ihre Familie lange Jahre eine echte Dorfwirtschaft betrieben hat, eben den "Klinglwirt": "Den hat mein Ur-Opa 1905 gegründet", erzählt sie in gepflegtem Bairisch. Als sie selbst zehn Jahre alt war, hatte die Mutter das Gasthaus jedoch dem Onkel übergeben, der damit dann später ganz aufhörte: "Heute ist das ein Wohnhaus." Wenn man sie so reden hört, schwingt ein wenig Bedauern in ihrer Stimme mit.

Deshalb hat sie ihr neues Lokal nun auch "Klinglwirt" getauft - als Reminiszenz. Und weil das Ganze ein bayerisches Wirtshaus sein soll, gibt es bei Sonja Obermeier keine Cocktails, keine Longdrinks und auch keine italienischen Aperitife, sondern Schnäpse und Liköre aus der Region, einen Eierlikör zum Beispiel vom Zehatmoarhof "bei mir daheim. Des ist a ganz a Guader. Und Eierlikör verdient es, das man ihn wiederbelebt."

So wie beim Eierlikör will Sonja Obermeier streng darauf achten, nur gute Produkte aus der Region zu verwenden: Ihr Fleisch bezieht sie ausnahmslos von Hermannsdorfer.

Wie es in einer guten Dorfwirtschaft von einst üblich war, gibt es bei ihr auch keine feste Speisekarte mit einer unübersichtlichen Fülle von Gerichten, sondern mittags zwei Speisen zur Auswahl, abends sieben, die allesamt frisch von Chefkoch Hansi Eder zubereitet werden: immer eine Suppe, einen Salat, ein vegetarisches Gericht, ein bis zwei Fleischgerichte oder auch mal Fisch, eine kalte oder warme Brotzeit sowie einen Nachtisch: "Alles zu moderaten Preisen", sagt sie.

Warme Küche gibt es täglich von 12 bis 14 Uhr und abends von 18 bis 23 Uhr, außer sonnntags: "Da werden wir den ganzen Tag über warme Küche anbieten". An allen anderen Tagen gibt es nachmittags Kuchen und herzhafte Brotzeiten: "Warum ich nicht mehr anbiete? Ich finde einfach, weniger ist mehr."

Auch ein musikalisches Konzept hat die Wirtin ersonnen, die ein Betriebswirtschaftsstudium mit Schwerpunkt Hotelmanagement hinter sich und zuletzt als Unternehmensberaterin gearbeitet hat. Sie will dienstags und sonntags ausschließlich modernere bayerische Musik laufen lassen, wie La Brass Banda oder Haindling: "Aber ned laut, sondern mehr so als Hintergrundmusik", betont sie.

Auch das Ambiente des Lokals hat sie, nach Umbau und Renovierung durch die Brauerei, liebevoll verändert: Die einst braune Holzvertäfelung hat sie rot gestrichen und ein paar witzige Dekogegenstände zusammengetragen: ein Bild vom Märchenkönig zum Beispiel und sogar einen Sportpokal. Von diesem Freitag, 17 Uhr, an können sich die Haidhauser erstmals davon überzeugen.

© SZ vom 26.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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