Justin Timberlake:Pommes mit Ketchup

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JOCHEN TEMSCH

Eine Stunde lang bewegt sich die Darbietung von Justin Timberlake in der vollen Olympiahalle im seichten Mainstream, dann geht es tatsächlich noch ein paar Schubladen tiefer. Timberlake singt "I'm lovin' it", die melodische Reklamebehauptung von McDonald's. Dazu flimmert das Logo der Fastfood-Kette über die Videoleinwand. Timberlake animiert das Publikum zum Mitsingen: "Don't you love it, too?"

Ehrlich gesagt: nein. Unfassbar, dass sich bei dieser dreisten, so wohl noch nie dagewesenen Produktplatzierung nicht sofort die Bühne unter Timberlake auftut und den Sänger verschluckt. Einem Künstler, der seine Seele derart an den Kommerzgötzen verkauft, müsste eigentlich ein Stehplatz in der ewigen Verdammnis sicher sein, und da wäre Timberlake dann und müsste zur Strafe nonstop das neue Album seiner Ex-Freundin Britney Spears hören.

Die Verbraucherinformation leistet sich Timberlake ausgerechnet, nachdem er mit einer im roten Eminem-Kapuzenpulli aufgeführten Beatbox-Einlage eine Art "street credibility"-Darstellung versucht hat. Da muss man sich nicht mehr wundern, dass in der Berichterstattung über den 22-jährigen Schwerreichen der Kreischpegel der Fans, seine Amouren und die Anzahl der von ihm getragenen Paar Turnschuhe meist wichtiger sind als seine Musik. Die immerhin hat ihm das skurrile Prädikat des Prinzen eingebracht, der den nun scheinbar endgültig abdankenden "King Of Pop" Michael Jackson beerben könnte. Dafür bedient sich Timberlake im souligen R'n'B-Urgrund - das heißt, er bietet eine modisch gefällige Version dessen, was die Four Tops, die Temptations und Jackson Five schon vor mehr als 30 Jahren machten.

Der ebenfalls beliebte Vergleich mit Robbie Williams, das wurde in der Olympiahalle klar, hinkt total. Nicht nur, weil Williams das weitaus größere musikalische Potenzial hat. Er ist ein lässiger Entertainer, der auf der Bühne großartig und gleichzeitig wie ein Junge von nebenan erscheint. Dagegen hat Timberlake die Bühnenpräsenz eines Schulbuben. Er demonstriert einen langweiligen, streberhaften Perfektionismus, mit dem jede Bewegung choreografiert ist. Als Ansprache an das Publikum hat er nur die üblichen Klischee-Sätze. Robbie Williams ist erste Sahne. Justin Timberlake Pommes mit Ketchup.

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