Jung und gut (2):Aufruhr und Gemütlichkeit

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Die Band "Kanmantu" aus Polling spielt am Donnerstag im Theatron.

KLAUS RAAB

Es ist einer dieser Orte, an denen das Leben durch und durch in Dur spielt, wo Kaufrausch an der Bratwurstbude ausgelebt wird und wo die jungen Leute kreativ werden, weil sie sich nicht langweilen wollen. Wo die Frage, ob abheben oder nicht, sich nicht stellt, weil man vor der Haustür eh über die Berge zu stolpern droht.

Irgendwo in diesem Bilderbuch liegt, zwischen Wirtshaus und Kirche, der Biergarten zu Polling. Und mittendrin sitzen drei Jungs, die gerade beim Wettbewerb des Feierwerks um den Titel "Münchner Band des Jahres" mit ihrer Band Kanmantu zweite wurden. Hinter einer anderen Band aus dem Umland.

"Es gibt keine Disco, wo du hingehen kannst", sagt Bassist Manuel Köninger. "Irgendwann hast du Muskelkater vom Wandern. Und dann muss man Musik machen." Aber im Prinzip sei es für die Musik von Kanmantu egal, woher sie kommen. Nur dass sie aus der Gegend um das mit Popmythen reichlich bedachte Weilheim kommen, der Heimat von Notwist, Console und Uphon-Studios: Das ist zumindest mal eine Nachfrage wert in dieser Geschichte aus dem Spannungsfeld Zentrum-Peripherie.

Der Unterschied zu München sei, sagt Gitarrist Stefan Wohlhaupter, dass "die Stones halt einfach nicht in Schongau spielen". Doch die Zeit, in der sie das Umland nervte, in der einige von ihnen mit Punk Dampf abließen, ist vorbei. "Das Leben ist im Fluss, und wir sind es auch." So lautet ein Satz, einer wie aus der Keksdose, der früher jede Ankündigung jedes Konzerts von Kanmantu zierte.

Sie sind im Fluss. Und mittlerweile sind sie, um im Bild zu bleiben, musikalisch in ruhigeren Gewässern angekommen. "Das Aufrührerische legt sich, wenn man sich mit der Gemütlichkeit angefreundet hat", sagt Manuel. Kanmantu verbinden Aufruhr und Gemütlichkeit. Immer karfreitags gibt's bei den Herren Schweinsbraten.

Kanmantu wollen ihre Gedanken in Melodien packen und danach im Biergarten Blödsinn reden. Darum geht's. Alles andere ist ein Extragewinn. Dass eine Plattenfirma aus ihrer ersten Platte, die sie demnächst herausbringen, ihr vorhandenes Potenzial heraushört, das wär' so einer. Schön wär's schon. München und Umgebung hat keine zweite Band wie Kanmantu, die unwiderstehlich britisch klingt. Schlagzeuger Martin Reis und Keyboarder Patrick Falb, der die Elektronik verstärkt, versorgen Kanmantu zugleich mit dem Sound von Weilheim und damit mit dem Sound von Heimat, weil Weilheim Heimeliges schafft, Spielereien und Melodien emotional einbettet in den Kopf der Hörer.

Zu einer Selbstschubladisierung, die über das Wort "Poprock" hinausgeht, lassen sich Kanmantu aber nicht bewegen. Einordnungen in British Weilheimpop oder Indietronics mögen sie nicht so gerne. Aber sie wehren sich auch nicht, weil die Beschreibung von Klängen meist die Möglichkeiten der Sprache sprengt. Jeder bringt seine eigene große Karriere als Musikhörer mit ein, und wenn am Ende jeder etwas anderes heraushört, "dann ist das in Ordnung", wie Sänger Andi Schmidt findet.

Später, zwischen dem Besuch im Pollinger Biergarten und der Rückfahrt nach Weilheim, fängt Stefan an, Henry Mancinis "Baby Elephant Walk" zu pfeifen. Und so bleibt das Vielversprechendste, was von dem Treffen mit einer Band bleiben kann: ein Ohrwurm. (Theatron, 19 Uhr.)

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