James Blunt in der Olympiahalle:Rockiger Frauenflüsterer

Lesezeit: 1 min

Zwischen sanftem Rocker und Gefühlsschmeichler: James Blunt legte sich in der Olympiahalle so richtig ins Zeug - und bemühte sich, auch seine Kritiker von seinem Können zu überzeugen.

Ingeborg Schober

James Blunt begeisterte das Publikum in der so gut wie ausverkauften Olympiahalle nicht nur mit eingängigen Hits, sondern auch mit der lässigen Professionalität eines Superstars. Dabei ist ihm erst vor drei Jahren der internationale Durchbruch geglückt. Die Zutaten eines gelungenen Hallenkonzerts wie eine beachtliche Vorgruppe, Lichtspiele, Videowände, Filmzuspielungen und eine solide Viermann-Band kann er sich allesamt leisten, und er nutzte sie ohne großen Firlefanz auf fast altmodische Weise - samt Bad in der Menge.

Gab in der Olympiahalle sein Bestes: James Blunt. (Foto: Foto: ddp)

Lästernde Musikerkollegen haben sogar recht, wenn sie den Briten mit Chris de Burgh vergleichen, auch wenn sie den entscheidenden Punkt damit verfehlen: Jede Generation hat ihre ureigenen Gefühlsschmeichler, und gute Pop-Songs im klassischen Sinne sind rarer als sichere Aktien.

Am Schluss waren alle ein bisschen James Blunt. Geschickt wechselte der Sänger mit der hohen, weichen Stimme, die mühelos ins Falsett kippt, zwischen den Genres: vollem Rockband-Sound, Solistischem an der Akustikgitarre (bei "Annie") und den für ihn typischen schwermütigen Pianoballaden wie "No Bravery" über seine Kosovo-Erinnerungen. "I'll Take Everything" kündigte er als "traurige Begleitmusik für alle Scheidungen" an - der krasse Gegensatz zu seinem fast beiläufig ins Programm eingeschobenen ersten Welthit "You're Beautiful". Denn damit ist er seit 2005 nicht nur in aller Munde, sondern "auf allen Hochzeiten irgendwie dabei".

Genial war die musikalische Choreographie von "So Long Jimmy", einer Hommage an diverse Rocklegenden, mit der er den Konzertschluss und den Übergang zu Zugaben wie "1973" stilsicher einläutete. Zum psychedelischen Bildschirmflackern und zu ausufernden, wilden 70er-Gitarrenläufen sprang Blunt mehrmals in bester Rocker-Manier vom Podest und ließ die Band in einer schier endlosen Schleife den bombastischen Schlussakkord improvisierend wiederholen, bis ein Flitterregen zum knalligen Gongschlag niederging. Der Frauenflüsterer ist auch ein Rocker, wenn auch ein sanfter.

© SZ vom 02.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: