Interview mit Blume-Beyerle:KVR-Chef sieht Rauchverbot auf der Kippe

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Blume-Beyerle spricht von "Irrtum" und "Ziel verfehlt" - doch von jetzt an müssen Verstöße geandet werden.

Astrid Becker

Wenn es um das gesetzliche Rauchverbot in der Gastronomie geht, findet Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle klare Worte: "Irrtum", "Ziel verfehlt" und "Ungetüm". Er ist sich sicher, dass das "Gesetz in dieser Form kippen wird", wie er am Freitag bei einem Pressegespräch anlässlich des Endes der sogenannten Übergangsfrist deutlich betont. Als Begründung nennt er vor allem das vor kurzem gefällte Urteil in Rheinland-Pfalz und die steigende Zahl der "Raucherclubs" in München.

"Die Entwicklung zeigt ganz deutlich, dass die Wirte die Möglichkeit Club/geschlossene Gesellschaft intensiv wahrnehmen", sagt er. Bei derzeit rund 8000 Gaststätten in München gebe es mittlerweile bereits 200 seinem Referat bekannte Raucherclubs. "Tendenz steigend, viele der Gastronomen wollten erst das Ende der Übergangsfrist abwarten."

Wie berichtet, müssen Gast und Wirt seit Mittwoch bei Verstößen gegen das Rauchverbot in der Gastronomie mit Geldbußen rechnen. Während die Verwarnungsgebühr für den Gast bei 35 Euro liegt, drohen den Wirten weitaus härtere Strafen: Gegen sie können Bußgelder in Höhe von bis zu 1000 Euro verhängt werden, was letztendlich sogar zum Verlust der Gaststättenkonzession führen könnte.

Allerdings hat das Kreisverwaltungsreferat bei der Umsetzung des Gesetzes offenbar ein großes Problem: Der Freistaat hat dafür keinerlei zusätzlichen Gelder zur Verfügung gestellt. Als Vollzugsbehörde muss das KVR nun selbst schauen, wie es mit dem vorhandenen Personal zurechtkommt.

Keine "Raucherpolizei"

Eine "Raucherpolizei" werde es nicht geben, betont Blume-Beyerle daher auch: "Ich hoffe zudem, dass das nie der Fall sein wird." Wie vom Gesetzgeber vorgesehen, werde es aber stichprobenartige Kontrollen geben. Auch gelegentliche Schwerpunktaktionen seien denkbar: "Am schönsten wäre es allerdings, wenn es keinerlei Zwangsmittel bedürfte und das Gesundheitsschutzgesetz - unter Umständen nach der Zulassung von Rauchernebenräumen und einem Wahlrecht für Ein-Raum-Gaststätten - ein Erfolg wird."

Die Auffassung des Gesundheitsministers Otmar Bernhard, das vor kurzem gefällte Urteil in Rheinland-Pfalz, welches das Rauchen in Ein-Raum-Gastronomien nunmehr wieder gestattet, bleibe ohne Konsequenz für Bayern, kann der Kreisverwaltungsreferent und Jurist Blume-Beyerle nicht nachvollziehen.

Bernhards Argument, in Rheinland-Pfalz sei bislang, anders als in Bayern, das Rauchen in Nebenräumen, nicht aber in Ein-Raum-Gaststätten erlaubt gewesen, treffe nicht zu: "Durch die Möglichkeit, dass der Wirt einer Mehrraum-Gastronomie in einem Nebenraum einen Raucherclub einrichten oder diesen ständig mit geschlossenen Gesellschaften belegen kann, stehen auch bei uns faktisch die Nebenräume den Rauchern zur Verfügung. Wir haben also auch in Bayern genau dieselbe Wettbewerbssituation wie in Rheinland-Pfalz."

Wie berichtet, hat das Verfassungsgericht Koblenz dort das Rauchverbot in Ein-Raum-Gaststätten aus Gründen der Wettbewerbsverzerrung und drohender hoher Umsatzeinbußen bei kleinen Wirten außer Kraft gesetzt.

Sollte nun keinerlei Anpassung des bayerischen Rauchverbots an die Realität erfolgen, befürchtet Blume-Beyerle einen Wildwuchs an neuen Clubvarianten, die zu einer Erhöhung der " Anforderungen an die mitgliedschaftliche Struktur führen könnte", wie er sagt. Bislang gilt: Bei einem Raucherclub sind die Mitglieder vom Wirt individuell bestimmt und abgegrenzt, es muss eine wirksame Zugangskontrolle stattfinden und sichergestellt sein, dass die sogenannte Laufkundschaft keinen Zutritt erhält.

"Ad-hoc-Mitgliedschaften sind demnach nicht gestattet", sagt Blume-Beyerle. Vorstellbar sei aber, dass künftig Vereine gegründet werden müssten - mit Vorstand, Kassier und Schriftführer.

Besonders problematisch sieht er aber vor allem die Zukunft der Betriebe mit Lauf- und Stammkundschaft: "Sie können auf Laufkundschaft aus wirtschaftlichen Gründen nicht verzichten und somit keine geschlossene Gesellschaft herbeiführen."

Dies führe dazu, dass die Stammgäste aus diesen Gaststätten heraus- und in die Clubbetriebe hineingedrängt werden." Auch die bislang geringe Zahl der Beschwerden - rund 50 - werden sich häufen: "Bislang gab es nur Hinweise, dass in einem Lokal geraucht wurde. Wenn es wärmer wird, werden aber neben Lärmbeschwerden auch noch Geruchsbeschwerden hinzukommen."

© SZ vom 16.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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