Interview mit Basic-Vorstand:"Wir treten jetzt auf die Bremse"

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Die Bio-Supermarktkette Basic muss Mitarbeiter entlassen, Lieferanten um Stundung bitten und die Eröffnung neuer Märkte verschieben.

Bernd Kastner

Basic, Deutschlands zweitgrößte Bio-Supermarktkette, durchlebt schwierige Zeiten. Vorstand Josef Spanrunft über das Ende der Beteiligung der Schwarz-Gruppe, zu der der Discounter Lidl gehört, Entlassungen, Zahlungsschwierigkeiten und den Kurs des Münchner Unternehmens.

SZ: Auf einem neuen Basic-Werbeplakat ist eine junge Nonne zu sehen, die zum Himmel betet. Darf man das Motiv als Dankgebet interpretieren? Danke, lieber Gott, dass die Aufregung um die Schwarz-Beteiligung ausgestanden ist!

Spanrunft: Wenn wir dafür auch noch Plakate drucken lassen würden ... Nein, das ist unsere neue Werbe-Kampagne. Damit sagen wir, dass Basic zu hundert Prozent zu dem steht, was Bio ausmacht. Und dass wir diese Werte leben.

SZ: Kürzlich haben Sie sich mit ihrem Ex-Vorstandskollegen und Firmengründer Johann Priemeier geeinigt. Zuvor hatte Basic ihn entlassen, für den Schwarz-Deal verantwortlich gemacht, hohe Schadenersatzforderungen gestellt und ihn angezeigt. Woher diese Wende?

Spanrunft: Hierzu werde ich mich nicht äußern. Das ist schriftlich vereinbart. Daran werde ich mich halten.

SZ: Priemeier legt sein Amt als Vorstand nieder, aus dem er im November entlassen worden war. Hat Basic also die Anschuldigungen zurückgenommen?

Spanrunft:Beide Parteien haben eine Einigung erzielt.

SZ: Zurück zur Nonne. Es wirkt, als würde sie zum Himmel flehen: Herr, lass wieder mehr Kunden zu uns kommen!

Spanrunft: Im Ernst: Etliche Kunden haben uns übel genommen, dass wir mit der Schwarz-Gruppe verhandelt haben. Ihr Verlust hat uns geschmerzt. Es freut mich, dass inzwischen ein Großteil von ihnen wieder zu uns zurückgekehrt ist. Seit Ende 2007 zeichnet sich leider ein allgemeiner Umsatzrückgang in der Bio-Fachmarkt-Branche ab. Auslöser waren die Preise etwa für Bio-Frischware wie Fleisch. Die haben stark angezogen.

SZ: Hängt das damit zusammen, dass der konventionelle Handel immer mehr Bio-Ware anbietet?

Spanrunft: Zum Teil ja, die Nachfrage nach Ökoware steigt seit Jahren. Sie wird knapper und damit teurer...

SZ: ... und der Kunde muss nicht mehr unbedingt in den Öko-Laden, weil er Bio auch beim Discounter kriegt.

Spanrunft:Da gibt es schon noch viele Qualitätsunterschiede. Das Problem der Fachmärkte ist eher: Wir bieten ausschließlich Bio-Produkte an, und einige Menschen können sich die bei steigenden Preisen irgendwann nicht mehr leisten.

SZ: Wie steht Basic denn aktuell da?

Spanrunft:Nach schnellem Wachstum in den vergangenen Jahren treten wir bei der weiteren Expansion jetzt auf die Bremse. Wir wollen künftig langsamer und aus eigener Kraft wachsen. 2008 ist für uns das Jahr der Konsolidierung.

SZ: Und was bedeutet das?

Spanrunft:Wir stellen alles auf den Prüfstand, unterziehen alle Bereiche einem Kostenmanagement.

SZ: Klingt kritisch.

Spanrunft: Das macht keinen Spaß, ist aber auch nichts Ungewöhnliches. 2007 mussten wir erstmals einen deutlichen Umsatzrückgang hinnehmen...

SZ: ... man hört von zehn Prozent und mehr.

Spanrunft: Nein, der Rückgang lag im einstelligen Bereich. Zugleich aber hatten wir hohe Ausgaben wegen der vielen Neueröffnungen.

SZ: Nochmals: Was bedeutet die Konsolidierung konkret?

Spanrunft: Rendite vor Wachstum. Wir verschieben die für dieses Jahr geplanten fünf Markt-Eröffnungen auf 2009, darunter auch zwei in München. Es gibt auch eine Personalanpassung. Das betrifft insbesondere die Mitarbeiter, die für die damals geplante Expansion unter der Schwarz-Gruppe eingestellt wurden.

SZ: Klingt nach Entlassungen.

Spanrunft:Einige Mitarbeiter werden aus der Zentrale in die Filialen geschickt, es hat auch die eine oder andere Kündigung gegeben.

SZ: Wie viele?

Spanrunft: Für insgesamt 14 Mitarbeiter der Münchner Zentrale haben wir keine neue Stelle gefunden. Die Kündigungen geschehen einvernehmlich und sozialverträglich. In den Filialen hat es schon eine Anpassung an die Umsatzentwicklung gegeben, weitgehend im Rahmen der normalen Fluktuation.

SZ: Wie stark reduziert sich der Personalstand?

Spanrunft: Um circa 26 in der Zentrale, von insgesamt 66 Mitarbeitern. Im ganzen Unternehmen von 850 auf 780.

SZ: Stimmt es, dass ein Sanierer bei Basic zugange ist?

Spanrunft: Wir hatten für zehn Tage einen externen Manager im Haus, der jetzt aber nur noch sporadisch da ist. Die ganze Restrukturierung wurde mit ihm durchgesprochen. Er ist ein Mann, der sehr viel Sanierungserfahrung hat.

SZ: Welches Ausmaß hat die Krise?

Spanrunft:Wir haben keine Finanzkrise. Basic bezahlt seine Rechnungen. Wenn man allerdings alles auf den Prüfstand stellt, kann das auch nach Außen nicht geräuschlos gehen. So verhandeln wir gerade mit unseren Lieferanten über verlängerte Zahlungsziele.

SZ: Das heißt, sie bitten um Stundung. Wie viel sollen sie denn stunden?

Spanrunft: Das sind Geschäftsdetails, über die wir mit unseren Partnern unter vier Augen reden.

SZ: Sie verschieben Filialeröffnungen, entlassen Mitarbeiter und müssen Lieferanten um teilweisen Zahlungsaufschub bitten. Steht Basic vor der Insolvenz?

Spanrunft: Nein, davon sind wir weit entfernt. Unsere Lieferanten bekommen ihr Geld, so wie wir es gerade mit ihnen vereinbaren. Nur weil jahrelang die Sonne schien, bedeutet eine Wolke am Himmel noch kein Unwetter. Die Stimmung in den Märkten ist um vieles besser als noch vor ein paar Wochen. Die Mitarbeiter sind informiert, wohin die Reise geht.

SZ: Wohin soll es denn gehen?

Spanrunft: Wir werden moderat weiterwachsen, wollen im Jahr zwischen zwei und fünf Märkte eröffnen.

SZ: Vor einem Jahr war von bis zu 50 Märkten die Rede, dann von fünf bis zehn. Und jetzt noch weniger?

Spanrunft: Wir wollen die künftigen Eröffnungen wieder aus eigenen Mitteln finanzieren.

SZ: Wie sieht Ihr neues Konzept aus?

Spanrunft: Wir werden unser Sortiment überarbeiten und stärker in den Premiumbereich gehen. Damit wollen wir uns von Discountern stärker abheben und mehr höherwertige Produkte anbieten. Mit der Bio-Ware des konventionellen Handels können und wollen wir nicht konkurrieren. Auch haben wir die Größe unserer Märkte überdacht. Die wird künftig tendenziell zwischen 500 bis 800 Quadratmeter liegen. Derzeit haben wir noch 500 bis 1300. Kleinere Filialen werden schneller rentabel.

SZ: Werden Sie stärker auf die regionale Herkunft Ihrer Produkte setzen als bisher?

Spanrunft: Das wollen wir forcieren. Die Menge ist aber einfach begrenzt. Es gibt leider nicht so viele Bio-Bauern in den jeweiligen Regionen.

SZ: Heißt das, dass es dann im Winter vielleicht keinen Kopfsalat gibt?

Spanrunft:Nein, auf keinen Fall. Wenn wir lokal nicht fündig werden, greifen wir auf ausländische Ware zurück. Der Kunde erwartet ein umfangreiches und vollständiges Sortiment...

SZ: ... und bald auch Spargel zur Adventszeit?

Spanrunft: (lacht) Das wohl nicht, aber es gibt Kunden, die zu Weihnachten nach Bio-Erdbeeren fragen.

© SZ vom 09.06.2008/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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