Innenstadt München:Fußgängerzone wird Fahrradzone

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Radfahrer müssen nicht mehr schieben: Künftig dürfen sie in der Nacht direkt durch die Münchner Innenstadt fahren - zunächst allerdings nur probeweise. Denn zunächst muss sich zeigen, ob sich Radler und Fußgänger nicht doch in die Quere kommen.

Alfred Dürr

Wer nachts mit dem Fahrrad durch die Fußgängerzone will, braucht sein Gefährt künftig nicht mehr zu schieben. Zwischen 22 Uhr und acht Uhr soll das Radfahren erlaubt werden - zumindest versuchsweise. Das hat Rot-Grün im Stadtrat zusammen mit der FDP und der Linken beschlossen. Für die Dauer eines Jahres soll der Bereich zwischen Marienplatz und Stachus sowie zwischen dem Rindermarkt und dem Odeonsplatz "für den Radverkehr in verträglicher Geschwindigkeit freigegeben werden". Nicht nur die Opposition von CSU und Freien Wählern, auch die Stadtverwaltung hält das für einen schweren Fehler.

Nur wenn die Radfahrer den Fußgängern nicht in die Quere kommen dürfen sie dauerhaft durch die Innenstadt fahren. (Foto: Robert Haas)

Beantragt hatte die neue Regelung zunächst die FDP mit der Begründung, dass nachts nicht mehr so viele Passanten in der Fußgängerzone unterwegs seien, die den Radfahrern in die Quere kommen könnten.

Das städtische Planungsreferat ist anderer Meinung. In den vergangenen Jahren habe sich die Fußgängerzone vor allem an Sommerabenden deutlich belebt. Die Menschen genössen das Flair in Gasthäusern oder im Umfeld der Brunnen und der historischen Bauten. Wer mit dem Rad durch die Innenstadt wolle, sei mit den vorhandenen Routen gut bedient. Aus Sicht der Verwaltung ist die Ruhe der Passanten stärker zu gewichten als die Fahrerlaubnis für die Radler in der Fußgängerzone.

Man müsse aber zumindest testen, ob ein Nebeneinander von Fußgängern und Radfahrern möglich ist, sagte dagegen Paul Bickelbacher (Grüne) im Stadtrat. "Wir erfinden nicht das Chaos, sondern zeigen, wie man den Platz vernünftig aufteilt", meinte sein Fraktionskollege Boris Schwartz. Dass man in einer leeren Fußgängerzone nachts sein Rad schieben müsse, verstehe doch kein Mensch, erklärte Ingo Mittermaier (SPD).

Für den Planungssprecher der CSU, Walter Zöller, ist das Vorhaben von Rot-Grün ein "Tabubruch" - die Fußgänger hätten nun das Nachsehen. Wenn SPD und Grüne die Aktion als "Probebetrieb" anlegen wollten, sei dies eine "Verarschung des Stadtrats" und ein "Rosstäuscher-Trick", denn nichts bestehe so lange wie ein Provisorium. Schon auf den jetzt vorhanden Routen zeige sich, dass sich Radfahrer nicht an das Gebot der Schrittgeschwindigkeit hielten. An Zebrastreifen werde keine Rücksicht auf Fußgänger genommen.

Die Skeptiker in Verwaltung und Opposition wurden am Ende jedoch überstimmt. Man werde prüfen, wie genau die neue Nachtregelung für den Verkehr in der Fußgängerzone in die Tat umgesetzt werden könne, hieß es. Wann es also losgeht mit dem einjährigen Probebetrieb, steht noch nicht fest.

© SZ vom 27.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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