Hochhaus-Streit:Sieger? Verlierer?

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In München, so der Bürgerentscheid vom Sonntag, soll es künftig keine Hochhäuser geben, die höher als 100 Meter sind. Planer aus dem In- und Ausland kommentieren den "Münchner Weg".

Von Gerhard Matzig

Albert Speer, Frankfurt: "Die Entscheidung ist bedauerlich. Mit der generellen Begrenzung wird man der Komplexität des Themas nicht gerecht."

Ben van Berkel, Amsterdam: "Es geht nicht um die Meterzahl, sondern um die Organisation. Man sollte aber hohe Gebäude überdenken, und zwar auf der Grundlage dessen, was uns wirklich betrifft: Sicherheit, Erreichbarkeit, Ökologie und öffentliche Präsenz."

Stefan Behnisch, Stuttgart: "In München können 99 Meter das Stadtbild genauso beeinträchtigen wie 130 Meter. Die Entscheidung ist unglücklich."

Hans Kollhoff, Berlin: "Die Entscheidung ist richtig. Die bisher unreflektierte Münchner Hochhausbauerei muss gründlich überdacht werden."

Thomas Herzog, München: "Zu meinen, Hochhäuser seien ,in Ordnung', solange sie nicht höher als die Frauenkirche sind, ist ebenso abwegig wie die Behauptung, der wirtschaftliche Erfolg unserer Stadt hinge von Hochhäusern ab."

Peter Zumthor, Haldenstein: "Über Architektur abzustimmen, ist eine Frage der Demokratie. Aber man muss auch das nötige Wissen besitzen."

Christoph Ingenhoven, Düsseldorf: "München kann mit einer solchen Begrenzung leben. Aber auch 100- Meter-Häuser können schrecklich sein."

Dörte Gatermann, Köln: "Die Höhenbegrenzung ist falsch. Beim Hochhausbau geht es um den öffentlichen Raum und um die Schlankheit. 140 Meter können ästhetischer wirken als 80 Meter."

Andreas Hild, München: "Man kann Stadtplanung, die komplex ist, nicht wie die Bild-Zeitung diskutieren. Die Höhendebatte ist populistisch."

Konrad Wohlhage, Berlin: "Es ist falsch, wenn man Hochhäuser grundsätzlich ablehnt. Es kommt immer auf drei Aspekte an: auf den Standort, auf die Qualität und auf den Inhalt. Die Höhe darf nicht das einzige Kriterium sein."

Roman Delugan, Wien: "Die 100-Meter-Marke als Qualitätsindikator? Das wäre so, als wolle man festlegen, dass nur ein dünnes Buch ein gutes Buch sei oder die Kürze eines Musikstückes für Qualität bürge. Ein tragischer Entschluss der Kleinlichkeit."

Werner Sobek, Stuttgart: "Leider hat simpelste Demagogie über den Sachverstand und den Blick nach vorn gesiegt. Eine nach vorn orientierte Bürgerschaft sollte im Hinblick auf die Gestaltung ihrer Stadt weiter blicken."

Uwe Kiessler, München: "Es gibt keine Sieger und keine Verlierer. Der Entscheid war diffus und dogmatisch formuliert. Aber auch das Hochhausgutachten der Stadt ist revisionsbedürftig. Jetzt kann man darüber neu nachdenken."

© SZ vom 23.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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