Hochhaus-Frage:München wächst über sich hinaus

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Nach langen Debatten entsteht nun eine ganze Reihe von Hochhäusern - das spektakulärste ist ein 212-Meter-Turm

Martin Thurau

(SZ vom 23.02.2001) - Am Georg-Brauchle-Ring soll nun doch ein Hochhaus nach den Entwürfen des Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven entstehen. Nachdem es längere Zeit still geworden war um das Projekt, sehen die neuesten Pläne einen 212 Meter hohen Turm vor - das mit Abstand höchste Bürohaus der Stadt.

Gegenüber den bereits genehmigten Entwürfen für einen 146 Meter hohen Turm ist die neue Variante nach den Vorgaben des neuen Investors deutlich umgeplant und aufgestockt worden. Baubeginn, so heißt es, soll bereits Mitte diesen Jahres sein. Der Turm nach Plänen des Büros Ingenhoven, Overdiek und Partner (IOP) ist indes nur das spektakulärste einer ganzen Reihe von Hochhaus-Projekten, die entweder bereits realisiert werden oder demnächst gebaut werden sollen.

Der Turm am Technischen Rathaus ist fertig, zwei Projekte sind in der Bauphase, für drei weitere Vorhaben steht zumindest nach Darstellung der Bauherren die Verwirklichung kurz bevor. Das ist eine neue Entwicklung.

Das letzte nennenswerte Projekt, die Hypo-Zentrale am Arabellapark, stammt aus den 80er Jahren. Danach galt für den Hochhaus-Bau in München die ungeschriebene goldene Regel: Je größer die Zahl der Geschosse, desto länger die Planungsphase.

Entwürfe verschwanden in den Schubladen

Entwurf um Entwurf verschwand in den Schubladen, Bautermine wurden Jahr um Jahr verschoben. Investoren wechselten. Hochhäuser in München zu planen war nicht nur politisch schwierig, sondern auch finanziell offenbar nicht ausreichend attraktiv. Dies zeigt auch die Geschichte der Planungen am Georg-Brauchle-Ring.

Erst sollte dort eine Glaspyramide entstehen, später dann zwei schlanke Türme. Seit Jahren geht es um einen Turm aus dem Hause IOP. Um dessen Höhe wurde lange diskutiert - auch öffentlich. Wie viele Stockwerke verträgt das Stadtbild? Erst war man bei 100, dann bei 160, 200 Metern und mehr. Genehmigt waren schließlich 146 Meter. Möglicherweise sei auch mehr drin, hieß es damals bei der Stadt. Gebaut indes wurde nichts.

Potenter US-Investor

Jetzt betreut nicht mehr eine Tochterfirma der HypoVereinsbank das Projekt, sondern die Hines Immobilien GmbH in Berlin, ein Ableger eines potenten US-Investors aus Houston/Texas. Beim umgestalteten Entwurf sind wichtige Merkmale der alten Varianten verschwunden: Die doppelschalige Fassade, die eine weitgehend natürliche Klimatisierung zugelassen hätte, ist durch eine einfache, nach Darstellung der Architekten gleichwohl "hochwertige" Außenhaut ersetzt.

Auch bei dieser voll klimatisierten Variante aber werde man Fenster über eine Mechanik öffnen können. Ebenfalls fehlt die aufwändige Tragwerkskonstruktion, nach der Pakete von etwa einem Dutzend Geschossen am Gebäudekern abgestützt waren und mit der sich eine optische Segmentierung des Turmes ergab. Neben der Höhe ist auch die Gesamtfläche des Gebäudes mit angrenzendem Büroriegel deutlich gewachsen.

Stadt prüft Änderungen

Derzeit prüfe ihre Behörde, ob diese Änderungen akzeptabel und genehmigungsfähig seien, sagt Stadtbaurätin Christiane Thalgott. Außerdem werden sich Stadtgestaltungskommission und Stadtrat noch mit der neuen Variante befassen. Alle anderen Hochhausprojekte fallen deutlich bescheidener aus: An der Donnersbergerbrücke ensteht jetzt ein 85 Meter hoher Turm mit 22 Geschossen nach Entwürfen von Heinz A. Musil; der Aushub der Baugrube hat begonnen. An der Arnulfstraße baut Mercedes einen elliptischen Zylinder (Architekt Peter Lanz); die Grube ist bereits ausgehoben.

Hinter dem Ostbahnhof an der Dingolfinger Straße will die Telekom gleich zehn - wenn auch vergleichsweise kleine - Türme, entworfen von Uwe Kiessler, hochziehen. Und schließlich will ein Investoren-Konsortium in der Parkstadt Schwabing einen Komplex errichten, der früher in anderer Form unter dem Titel "Langenscheidt-Hochhaus" firmierte.

Doppelturm oder Doppelscheibe?

Noch ist die Frage: Doppelturm oder Doppelscheibe? In Kürze sollen die vier überarbeiteten Entwürfe vorgestellt werden. Genau gegenüber auf der anderen Seite der Autobahn nach Nürnberg (A 9) will die Münchener Rück ein zusätzliches Gebäude für mehr als 1000 Mitarbeiter bauen. Die Architekten Markus Allmann, Amandus Sattler und Ludwig Wappner platzierten auf dem engen Areal, ohne das ausgewiesene Biotop darauf anzutasten, ein Hochhaus und einen schlangenförmigen Gebäuderiegel mit gläserner Schallschutzmauer längs der Autobahnauffahrt.

Der Turm hat eine Doppelfassade, auf drei Seiten mit einer netzartigen Metallblende, auf der vierten ganz aus Glas. Für das 84-Meter-Hochhaus mit 22 Geschossen steht die Genehmigung noch aus. Trotzdem geht das Unternehmen von einem Baubeginn noch im Frühjahr aus; zwei Jahre später soll die Dependance bezugsfertig sein.

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