Hitzige Debatte:Ude: Die Moschee in Sendling wird gebaut

Lesezeit: 2 min

Die geplante Moschee am Gotzinger Platz bleibt umstritten - doch ihr Bau wird immer wahrscheinlicher. Nachdem sich eine Sendlinger Bürgerversammlung am Donnerstagabend mit nur knapper Mehrheit gegen den Neubau des Gotteshauses ausgesprochen hat, will OB Christian Ude dem Stadtrat empfehlen, dem Projekt grundsätzlich zuzustimmen.

Von Jan Bielicki

Mit 252 gegen 212 Stimmen hatten die in der Turnhalle an der Gaißacher Straße versammelten Sendlinger den Bau der Moschee neben dem Gelände der Großmarkthalle abgelehnt. Dieser Beschluss der Versammlung ist jedoch nur eine Empfehlung, die Ude nicht bindet.

Das "erstaunlich knappe Ergebnis einer einzigen Bürgerversammlung kann nicht mehr wiegen als das Wort beider Kirchen, die Beschlüsse des Bezirksausschusses und das Recht der hier lebenden Muslime, ihren Glauben auszuüben", begründete der OB sein Vorhaben, am Mittwoch im Stadtrat eine Grundsatzentscheidung zu Gunsten des Moscheebaus am Gotzinger Platz herbeizuführen.

"Altgewachsene bayerische Kultur"

Zuvor hatten sich Befürworter und Gegner des Projekts eine fünfstündige, teils emotionale, aber weitgehend sachliche Debatte geliefert. Beleidigungen oder gar größere Zwischenfälle, im Vorfeld der von Dutzenden von Polizeibeamten abgesicherten Versammlung befürchtet, blieben aus.

Zwei Rechtsradikale, die ein Plakat der extremistischen NPD entrollt hatten, wurden von Ordnern, Polizisten und Bürgern unter "Nazis raus!"-Rufen aus dem Saal gedrängt.

Die Gegner der Moschee argumentierten vor rund 700 Teilnehmern vor allem mit der Parkplatznot im Viertel, aber auch mit ihrer Sorge um, wie eine Bürgerin sagte, "den Erhalt der altgewachsenen bayerischen Kultur im Stadtteil Sendling".

"Meine Enkel sollen in einem christlichen Umfeld aufwachsen", rief unter Beifall und lauten Protesten Helga Schandl, deren Bürgerinitiative mehr als 1000 Unterschriften gegen die Moschee gesammelt hatte.

Andere bemängelten das ihnen "überfallartig" vorkommende Vorgehen der Stadt: "Sendling ist multikulturell, aber wir lassen uns keine Moschee vor die Nase setzen", zürnte eine Bürgerin.

"Es sollen sich christliche und muslimische Kinder in Sendling sauwohl fühlen", hielt der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Klaus Warnecke dagegen.

Die Sendlinger müssten "selbstbewusst genug sein, den Muslimen unter uns Respekt entgegenzubringen", sprach sich ein Bürger für "eine wunderschöne Moschee" aus.

Auch hohe Kirchenvertreter, die auf Udes Einladung in die Versammlung gekommen waren, warben dafür, dass Muslime "ihren Glauben leben können, nicht im Hinterhof, sondern öffentlich", wie Münchens katholischer Weihbischof Engelbert Siebler sagte.

Wie Siebler betonte die evangelische Stadtdekanin Barbara Kittelberger, die Moschee könne die Chance auf einen "Dialog auf Augenhöhe zwischen den Religionen" eröffnen und Ängste abbauen.

Der Oberbürgermeister versprach, die Stadtverwaltung werde die Sorgen der Sendlinger ernst nehmen. Sie werde etwa vertraglich festschreiben, dass bei einem Moschee-Neubau am Gotzinger Platz das seit 16 Jahren bestehende Islamische Zentrum an der Schanzenbachstraße (dessen Ausbau bereits rechtlich verbindlich genehmigt ist) schließen werde.

Außerdem werde der Neubau erst dann beginnen, wenn ein neues Parkhaus auf dem Gelände der Großmarkthalle fertiggestellt sei.

Mit dem Ergebnis der Versammlung zeigten sich beide Seiten zufrieden. Die Abstimmung sei "besser verlaufen, als wir nach der Stimmungsmache im Vorfeld erwartet hätten", sagte Mehmed Curuk vom Moschee-Trägerverein Ditim.

Die SPD-Stadträtin Brigitte Meier und ihre grüne Kollegin Sedef Özakin kündigten die Zustimmung ihrer Fraktionen zum Bau des Gotteshauses an, der CSU-Stadtrat Andreas Lorenz dagegen sieht sich in seiner ablehnenden Haltung bestärkt: Er könne eine Moschee zwar "grundsätzlich begrüßen, aber nicht in der Dimension und nicht mit diesen Minaretten".

© SZ vom 18.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: