Hans Clarin wird 75:Des Kobolds Alter Ego

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Geburtstag ist ein schöner Tag. Das findet auch Hans Clarin, obwohl er seinen 75. Geburtstag heute gar nicht feiern wollte. Unsichtbare Koboldhände haben trotzdem nicht nur eine, sondern gleich drei Geburtstagspartys für ihn organisiert.

Von Jenny Hoch

"Ich habe gar nicht so viele Anzüge," sagt der Jubilar, doch seine blauen Augen strahlen: "Man freut sich ja doch." Zusammen mit seiner Frau Christa Maria Gräfin von Hardenberg bewohnt der Schauspieler den "Freistaat Clarin". Das verkündet ein Blechschild an der Garage. Auf dem 400 Jahre alten Bauernhof gibt es mehr als 30 Tiere, und der Geist des Pumuckl scheint in den Zimmern und Gärten herumzuhüpfen.

Sicher ist, dass es dem rothaarigen Kobold in diesem Idyll mit Blick auf die Kampenwand genauso gut gefallen würde wie in Meister Eders Münchner Hinterhofwerkstatt. Denn der Regent dieses kleinen Staates ist ein enger Verwandter des Kobolds. Hans Clarin ist der Mann, der dem Kobold mehr 40 Jahre lang seine Stimme geliehen hat.

Experten sagen, der Pumuckl habe eine Kunstkopfstimme. "Eine was bitte? Das habe ich ja noch nie gehört!", sagt Hans Clarin und lacht in den blauen Himmel hinein. Jedenfalls hat diese Stimme Hans Clarin bei einem Millionenpublikum berühmt gemacht. Dennoch legt er Wert darauf, kein Synchronsprecher zu sein: Der Pumuckl ist eine Rolle. Er hat nicht nur eine Stimme, sondern auch ein Wesen."

Als die Hörspielreihe Anfang der sechziger Jahre geplant wurde, durchsuchte man das Tonarchiv des Bayerischen Rundfunks nach einer passenden Stimme für den Kobold. Es fand sich eine Aufnahme der verstellten Stimme eines Mannes, die ganz wunderbar krähte und krächzte, kiekste und kreischte. Sie gehörte Hans Clarin: "Ich habe den Pumuckl schnell unter meine Fittiche genommen und ihn sehr lieb gewonnen."

Meistens hat Clarin seine Rolle improvisiert. Man ließ ihm auch später, als der Pumuckl ins Fernsehen kam, alle Freiheiten. Die Figur wurde erst gezeichnet, nachdem die Stimme eingesprochen war. "Dabei ist dem Gustl Bayrhammer und mir jeder Blödsinn eingefallen", sagt Clarin. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass sich gegen die bayerische weder die kölsche noch die schwyzerdütsche Fassung durchsetzen konnte.

"Eigentlich könnte ich beleidigt sein, dass ich immer auf den Pumuckl reduziert werde", sagt der Schauspieler und hustet. Er ist erkältet und sitzt schmal und beinahe ätherisch auf einem Gartenstuhl. Dass Hans Clarin vor und neben dem Pumuckl sehr erfolgreich als Schauspieler war und ist, wird oft vergessen. 1929 in Wilhelmshaven geboren, entschied er sich gegen seinen ersten Berufswunsch Landwirt und wurde stattdessen Schauspieler.

1950 debütierte er als Attalus in Grillparzers "Weh dem, der lügt" und bekam 1952 ein Engagement am Bayerischen Staatsschauspiel, dem er bis 1967 angehörte. Im Laufe seiner langen Karriere trat er sowohl in Klassikern von Shakespeare, Molière und Nestroy wie auch in mehr als 100 Film- und Fernsehproduktionen auf, darunter das "Wirtshaus im Spessart", "Das indische Tuch" und "Pippi Langstrumpf".

"Ich war so naiv," sagt Hans Clarin, und erzählt, dass er früher das Fernsehen für das Tollste gehalten habe. Dass er geglaubt habe, man könne mit diesem Medium allen Menschen Kultur nahe bringen. "Das war ein Irrtum," sagt der Schauspieler. Heute unterscheidet er fein säuberlich zwischen Qualität und Popularität: "Bekanntheit hat nicht unbedingt etwas mit der Qualität der Arbeit zu tun."

Drei Jahre ist es her, dass Hans Clarin lebensbedrohlich erkrankte. Aus einem Routineeingriff an den Stimmbändern wurden sieben Wochen künstliches Koma. "Ich hatte mir das Klinikvirus eingehandelt," sagt Clarin. Danach musste er alles neu lernen und ist mit eisernem Willen und viel Übung sehr schnell wieder auf die Beine gekommen: "Ich habe neulich einen Zettel mit krakeliger Schrift gefunden. Darauf hatte ich notiert: Heute drei Schritte," sagt Hans Clarin und fügt leise hinzu: "Da war ich glücklich." Dem Pumuckl will er keine Schuld an der ständigen Überbeanspruchung seiner Stimmbänder geben.

Auch wenn er sich wohl für immer von dieser Rolle verabschieden musste. Zum Glück gab es einen anderen Weg, in Pumuckls Nähe zu bleiben: Hans Clarin spielt in dem Film "Pumuckl und sein Zirkusabenteuer", der letztes Jahr in die Kinos kam, den Meister Eder. Zu seiner Nachfolge auf Gustl Bayrhammer sagt er: "Ich habe mich lange gesträubt, mir diese großen Schuhe anzuziehen." Doch wie so viele andere Schuhe auch, haben sie Hans Clarin gepasst wie angegossen.

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