Gut aufgelegt:Mit Schwung und Esprit

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Das Neujahrskonzert der Philharmoniker mit Šaturnová

Von Klaus Kalchschmid, München

Ach wie schön, den Jahreswechsel der Philharmoniker einmal nicht mit Beethovens Neunter feiern zu müssen, sondern mit einem herrlich überschäumenden Programm, das aus Musik zwischen Bizets "Carmen", Offenbach, Bernstein und der Wiener Strauß-Dynastie bestand. An der Kasse gab es zwar noch etwas Unmut, weil Diana Damrau krank ist und abgesagt hatte, aber das lag wohl auch daran, dass manch einem Simona Šaturnová kein Begriff ist.

Sie singt auch die Folgekonzerte an diesem Freitag und Samstag. Am Ende hatte noch der letzte Zweifler eingesehen: Auch die Damrau hätte ihre Sache nicht besser machen können, nicht charmanter und musikalisch perfekter. Denn wie die slowakische Sopranistin die beiden Couplets des übermütigen und raffinierten Zimmermädchens Adele aus Johann Strauss' "Fledermaus" nicht nur bestechend schön und frech sang, sondern in ihrer wunderbar karmesinrot schimmernden Robe wie auf einer imaginären Bühne agierte, das war Operette vom Feinsten. Auch das berühmte traumhafte Vilja-Lied der Hanna Glawari aus Franz Lehárs "Lustiger Witwe" hat man wohl noch nie so leise und verhalten gehört wie an diesem Silvesternachmittag in der Philharmonie unter Leitung von Manfred Honeck.

Die Auftrittsarie von Simona Šaturnová war die der Julia aus Charles Gounods "Roméo et Juliette". Und schon hier kam eine selbst in den Spitzentönen gehaltvoll leuchtende Stimme zum Tragen und ein Vermögen, in wenigen Minuten einen Charakter musikalisch zu umreißen. Das gelang auch trefflich mit "Una voce poco fá" der Rosina aus Rossinis "Il barbiere di Siviglia". Nach wenigen Takten war klar, dass da ein temperamentvolles junges Mädchen unter einem herrischen Vormund leidet und bald ausbrechen wird. Jeder Ton der Koloraturen saß perfekt und die Verzierungen waren ebenso originell ausgedacht wie zauberhaft gesungen.

Dieses gelungene Silvesterkonzert war freilich kein Arien-Abend, sondern bot neben wunderbar schmissig dargebotenen Suiten von Georges Bizet und Jacques Offenbach ("Gaîté parisienne" mit dem abschließenden Cancan aus "Orpheus in der Unterwelt") sowie der schrägen Ouvertüre zu Leonard Bernsteins "Candide" Polkas und Walzer der Brüder Johann (Sohn) und Josef Strauss. Darunter waren die wunderbar duftig musizierte Polka Mazur "Die Libelle", die zündende Ouvertüre zum "Zigeunerbaron", der Frühlingsstimmen-Walzer, die Schnell-Polka "Auf der Jagd" mit einem Jäger, der im Publikum aus seiner Flinte schoss und - als Zugabe - die Amboss-Polka. Letztere mit einem Hammer-Künstler, der sich neben dem Dirigenten und seinem Amboss Pausenbrot, Bier und Bildzeitung auspackte.

Manfred Honeck kitzelte nicht nur französischen Esprit aus den enorm gut aufgelegten Philharmonikern, sondern brachte auch Wiener Schmäh', Tempo und Eleganz der Strauss-Brüder so fein und mitreißend zur Geltung.

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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