Grünwalder Stadion:TSV 1860 brüskiert den Stadtrat

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Stadträte aller Fraktionen waren im Sportausschuss versammelt, um den vielgewünschten Umzug der Löwen ins Grünwalder Stadion zu klären. Nur eine Partei hatte offensichtlich Besseres zu tun - der TSV 1860 ließ sich nicht blicken.

Von Gerald Kleffmann und Berthold Neff

Unverschämtheit, Zumutung, Frechheit: So reagierten die Stadträte aller Fraktionen darauf, dass der TSV 1860 München durch Abwesenheit glänzte, als der Sportausschuss den Umzug der Löwen ins Stadion an der Grünwalder Straße klären wollte. "Der Verein verschwendet unsere Zeit", wetterte der SPD-Stadtrat Alexander Reissl. Und Bürgermeisterin Gertraud Burkert kritisierte: "Die Sechziger handeln nach dem Spruch von Beckenbauer - Schaun mer mal, dann sehn mer schon."

Das Grünwalder Stadion (Foto: Foto: dpa)

Der Unmut der Stadträte war vor allem deswegen so groß, weil sich die vier im Sportausschuss vertretenen Parteien in einem gemeinsamen Antrag darauf geeinigt hatten, den Löwen die letzten Steine vor dem Umzug aus dem Olympiastadion nach Giesing aus dem Weg zu räumen. Man werde die Umbauten an dem städtischen Stadion vornehmen - aber nur, wenn der Verein die Kosten trägt und einen Ausgleich für jene Spiele zahlt, die im Olympiastadion wegfallen.

Das Baureferat beziffert die Kosten auf etwa 900.000 Euro. Am teuersten ist der Einbau neuer "Wellenbrecher" auf den Stehplätzen (180.000 Euro). Gestern wurde zudem bekannt, dass möglicherweise nicht nur die Top-Spiele (etwa gegen den 1. FC Köln oder Eintracht Frankfurt) im Olympiastadion stattfinden müssen, sondern von März 2005 an auch noch andere. Während nämlich die Candidbrücke saniert wird, darf im Grünwalder Stadion kein Löwen-Spiel angepfiffen werden. Damit müssten wohl weitere fünf Heimspiele statt in Giesing doch im Olympiastadion stattfinden.

Sportamtschef Rudolf Behacker sagte, er habe noch am Tag zuvor mit dem 1860-Geschäftsführer Detlef Romeiko gesprochen und ihn darauf hingewiesen, dass der Verein einen Vertreter in die Sitzung am Dienstag schicken solle.

Da sein Appell verpuffte, mussten wichtige Fragen ungeklärt bleiben: Kann der TSV 1860 die Kosten schultern und der Olympiapark GmbH auch bis zu 700000 Schadenersatz zahlen, wie deren Chef Wilfrid Spronk in der Sitzung sagte? Wie will der Verein das Problem der Parkplätze lösen, wenn die Löwenfans in bis zu 70 Bussen aus ganz Bayern anreisen? So mussten sich die Stadträte mit einem vom 3. Juni datierten Brief von Löwen-Geschäftsführer Romeiko begnügen, in dem er versichert, die Kosten würden "nicht der Stadt München zur Last fallen".

Genau dies aber, so die Löwen-Anhängerin Jutta Koller von den Grünen, sei bereits geschehen. Städtische und staatliche Beamte hätten sich schon in vielen Dienststunden mit dem Umzug beschäftigt. Deshalb sei es umso schlimmer, dass der Verein niemanden zur Sitzung geschickt habe. "Wir sind offenbar die Einzigen, die diesen Umzugsplan ernst nehmen", wetterte SPD-Mann Reissl. Seine Fraktionskollegin Ingrid Anker, die kein Löwen-Heimspiel verpasst, konstatierte: "Wir haben die Tür weit aufgemacht, jetzt ist 1860 am Ball."

© SZ vom 16.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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