Gerichtsbeschluss:Scientology darf zelten

Die Stadt legt Beschwerde gegen einen Gerichtsbeschluss ein, der Scientology erlaubt, am Wochenende mit Passanten auf dem Sendlinger-Tor-Platz zu zelten und für den Frieden zu beten.

Ekkehard Müller-Jentsch

Die sich selbst als "Kirche" bezeichnende Sekte Scientology liegt wieder einmal im Clinch mit der Stadt München. Die Scientologen wollen am kommenden Sonntag auf dem Sendlinger-Tor-Platz zelten und mit Passanten für den Frieden beten.

Die Stadt weigert sich jedoch, eine entsprechende Sondergenehmigung zu erteilen. Das Verwaltungsgericht München hat die Behörde gestern in einem Eilbeschluss dazu aber verpflichtet - wogegen die Landesanwaltschaft umgehend Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegte.

Die städtische Ordnungsbehörde begründete ihre ablehnende Haltung mit dem "gewerblichen Charakter", der bei dieser Veranstaltung im Vordergrund stehe. Letztlich diene doch alles nur der Werbung für das Dienstleistungs- und Warenangebot der Sekte.

Auch Oberlandesanwalt Peter Samberger verwies auf die bisherigen Erfahrungen mit der Sekte: Die Veranstaltung sei lediglich eine "geschickt kaschierte" wirtschaftliche Betätigung. Doch Scientologen-Anwalt Wilhelm Blümel bestritt energisch, dass es sich in irgend einer Form um eine gewerbliche Veranstaltung handle. Es gehe ausschließlich um drei Sonntagsandachten und das Friedensgebet.

Die 23.Kammer meinte schließlich, Scientology habe "als Weltanschauungsgemeinschaft" in Sinne des Grundgesetzes einen Anspruch auf die Erlaubnis. Denn auch eine gewerbliche Tätigkeit verliere ihre Qualität als solche nicht dadurch, dass sie nach dem Selbstverständnis des Betreibers eine religiöse oder weltanschauliche Zielsetzung verfolge.

Auch eine wirtschaftliche Betätigung, die der Beschaffung von Mitteln für eine Weltanschauungsgemeinschaft dienen solle, stehe grundsätzlich unter dem Schutz des Grundgesetzes (Az.:M23E03.3438).

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