Gammelfleisch:Chaos bei den Fleisch-Kontrollen

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Der Gröbenzeller Fleischhändler Bruner profitiert von der Unklarheit darüber, wer für die staatlichen Kontrollen in seinem Betrieb zuständig ist.

Stephan Handel

Seit Mai 2006 tagt im Landtag der Untersuchungsausschuss zum Gammelfleisch, und wenn bei seiner 25. Sitzung am gestrigen Dienstag eins herauskam, dann ein erneuter Einblick in die überaus unübersichtlichen Strukturen der staatlichen und städtischen Kontrollen, die die Skandale um verdorbenes Fleisch zu einem guten Teil wohl erst ermöglicht haben.

Gehört wurden die Münchner Kommunalreferentin Gabriele Friedrich und Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle - was sie über Kompetenzen und Verzahnungen zwischen ihren Behörden erklärten, war verwirrend wie die ganze Affäre selbst.

Zunächst: Es gibt drei Arten von Fleisch-Kontrolleuren. Zum einen "amtlich bestellte Tierärzte", das sind praktizierende Veterinäre, die die Kontrollaufgaben gegen Honorar erledigen. Sodann Amtstierärzte, Beamte bei den Veterinärämtern.

Und zum dritten städtische Lebensmittelüberwacher, die, wie Wilfried Blume-Beyerle berichtete, "Lübse" genannt werden. Je nach Art des kontrollierten Betriebs und des dabei festgestellten Verstoßes sind mal die einen, mal die anderen und mal die dritten zuständig.

Veterinäre oder Lübse zuständig?

Der Fall des Gröbenzeller Fleischhändlers Bruner war einer für die amtlich bestellten Veterinäre des damals noch städtischen Veterinäramtes. Aber - war er das wirklich? Nur, wenn Bruners Unternehmen ein so genannter "EU-zugelassener Betrieb" gewesen war.

Das bezweifelt zum Beispiel Ludwig Wörner, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied im Untersuchungsausschuss. Wenn die Firma nur ein "registrierter Betrieb" war, dann wären für die Kontrollen die Amtstierärzte aus dem staatlichen Veterinäramt zuständig gewesen, das bei der Regierung von Oberbayern angesiedelt ist.

Und die Lübse? Die haben mit Fleischkontrolle erst einmal gar nichts zu tun. Sie kommen erst ins Spiel, wenn amtliche Tierärzte oder Amtstierärzte auf verdorbenes Fleisch stoßen - denn nun geht es um ein Lebensmittel, das nicht mehr in den geschäftlichen Verkehr gebracht werden darf, und das zu sichern ist das Tagwerk der Lübse aus dem KVR.

"Eine solche Zuständigkeits-Situation ist mir in 30 Jahren Berufstätigkeit noch nicht begegnet", sagte Wilfried Blume-Beyerle im Ausschuss. Um das Ganze noch komplizierter zu machen, wurde das bis dahin städtische Veterinäramt 2005 an die Regierung von Oberbayern abgegeben, wo es nun unter dem schönen Namen "Staatliches Veterinäramt München für das Gebiet der Landeshauptstadt München" firmiert.

Dort ist jedoch auch die Mittelbehörde angesiedelt, die die Dienstaufsicht zu erledigen hat, so dass die Veterinäre sich sozusagen selbst kontrollieren. Abhilfe kommt zum 1. Januar 2008, dann soll die Fleischkontrolle wieder in städtische Hände zurückkehren, dieses Mal unter dem Dach des KVR, um eine bessere Verzahnung mit den Lübsen zu erreichen.

Untersuchungsausschuss soll politische Einflussnahme klären

Der Untersuchungsauschuss tagt am morgigen Donnerstag schon wieder - dann sollen Wirtschaftsminister Erwin Huber sowie Franz Meyer, Staatssekretär im Finanzministerium, gehört werden - allerdings nicht in ihrer Eigenschaft als Kabinettsmitglieder: Huber ist Bezirksvorsitzender der niederbayerischen CSU, Meyer Vorsitzender des Kreisverbandes Passau-Land. Der Ausschuss - oder zumindest die Vertreter der Opposition dort - wollen wissen, ob der Passauer Fleischhändler Berger über seine Mitgliedschaft in der CSU versucht hat, politischen Einfluss zu erreichen.

Wilfried Blume-Beyerle erzählte am Ende seiner Aussage noch die Geschichte, wie er das Bruner-Kühlhaus in Gröbenzell nach Bekanntwerden der Vorwürfe besichtigt hat: "Die Verhältnisse waren für jeden Laien erkennbar untragbar." Warum denn dann die Fachleute bei den Kontrollen nichts gesehen hatten, wollten die Abgeordneten wissen. Blume-Beyerle antwortete nur: "Tja."

© SZ vom 11.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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