Gabriele Weishäupl:Die "First Lady" von der Wiesn

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Seit 20 Jahren leitet die Münchner Tourismus-Chefin das Oktoberfest. Feiern will sie ihr Jubiläum aber nicht.

Gewürdigt werden auf dem Volksfest im allgemeinen nur Vierteljahrhundert-Sprünge. Andernfalls gäbe es unter den Schaustellern, Wirten und bei den Fahrgeschäften alljährlich viel zu viele Jubilare.

Für Gabriele Weishäupl ist die Leitung des Oktoberfests Traumjob und Lebensaufgabe zugleich. Als erste Chefin in der fast 200-jährigen Geschichte des Münchner Oktoberfestes setzt sie sich gegen gestandene Wirte durch, repräsentiert, kalkuliert und organisiert.

Rasante Fahrgeschäfte allerdings meidet sie eher. "Mir sind sanfte Fahrgeschäfte lieber", sagt die Wiesn-Chefin, die von Berufs wegen fast stets im Dirndl auftritt.

Mit der Einführung von Kinder- und Familientagen, Milch und Limo als Alternativgetränk zum Bier und einer ökologischen Ausrichtung hat die 58-jährige promovierte Kommunikationswissenschaftlerin die Entwicklung des Volksfestes geprägt. Zur Abfallvermeidung gibt es seit fast 15 Jahren kein Einweggeschirr mehr, Wasser wird recycelt, Bio-Produkte sind auf dem Vormarsch. 1997 erhielt die Stadt den Bundesprojektpreis "Umweltkonzept für Großveranstaltungen - Beispiel Oktoberfest".

Neue Schwerpunkte in der Stadtwerbung

Weishäupl hatte sich als Parteilose 1985 bei der Wahl zur Münchner Tourismus-Chefin durch den Stadtrat gegen den Widerstand von CSU und Grünen durchgesetzt - gegen 40 männliche Mitbewerber. Sie wurde damit auch die erste Frau in einer Spitzenstellung in der Geschichte der Stadt München.

Weil das Volksfest damals mit mehr als sieben Millionen Besuchern aus den Nähten platzte, stoppte sie jegliche Werbung im Ausland und setzte andere Schwerpunkte in der Stadtwerbung. "Seit 20 Jahren wird mir unterstellt, dass ich für die Wiesn werbe - aber das stimmt nicht", sagt Weishäupl. Die Besucherzahlen der Wiesn sanken auf rund sechs Millionen, und selbst dieser Ansturm führt gelegentlich noch zu bedrohlichem Gedränge.

Zurück in Richtung Gemütlichkeit

Nicht immer stoßen die von Weishäupl vorangetriebenen Änderungen auf Gegenliebe. Die neuerdings gedrosselte Lautstärke der Musik in den Zelten brachte Besucher auf die Barrikaden, die Wirte warfen ihr vor, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu wollen. "Wenn es dabei in Richtung Gemütlichkeit geht, bin ich sehr damit einverstanden", sagt sie selbst. Schließlich würde Weishäupl es am liebsten sehen, wenn die Kapellen ganz ohne Verstärker auftreten würden wie vor 50 Jahren.

Auch privat ist sie bodenständig, den Urlaub verbringt die allein erziehende Mutter mit ihrem 15-jährigen Sohn am liebsten in ihrem Haus im Bayerischen Wald, das seit Generationen im Familienbesitz ist. Das Dirndl tauscht sie dann aber gegen Jeans und T-Shirt, statt Volksmusik hört sie Opern von Puccini und Verdi.

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