Gretel und Karl Walcher Stiftung:Mildtätiges Vermächtnis

Lesezeit: 2 min

Ein Germeringer Ehepaar hinterlässt der Stadt 400 000 Euro - zur Unterstützung von Behinderten und Kranken

Wolfgang Krause

Ihre Entscheidung trafen Gretel und Karl Walcher bereits 1995. Die Germeringer Eheleute gingen auf die 70 zu, hatten keine Kinder, und standen vor der Frage, was nach ihrem Tod aus der Eigentumswohnung und den Ersparnissen werden sollte. In ihrem Testament setzten sie als Alleinerbin die Stadt ein und verfügten, dass diese eine Stiftung zur Unterstützung mittelloser schwerstbehinderter und schwerstkranker Menschen in Germering einrichten sollte.

Diese Stiftung mit einem Vermögen von rund 400 000 Euro ist 16 Jahre später nun Wirklichkeit geworden. Im Juni 2010 war zunächst Gretel Walcher im Alter von 85 Jahren gestorben, drei Monate später folgte ihr auch ihr zwei Jahre jüngerer Mann. Der Germeringer Stadtrat nahm das Erbe an und erließ am Dienstag die Satzung für die "Gretel und Karl Walcher Stiftung". Aus dem Vermächtnis des Ehepaares entstand allerdings keine eigenständige, sondern eine Unterstiftung der Germeringer Sozialstiftung. Das bedeutet, dass der Vorstand der Sozialstiftung um Dieter Gutekunst automatisch auch die neue Stiftung mit verwaltet. Gemeinsam mit einer weiteren Unterstiftung verfügt die Sozialstiftung damit nun über ein Vermögen von mehr als einer Million Euro.

Den Großteil des Erbes der Walchers macht die Dreizimmerwohnung des Ehepaares aus, die 15 Jahre lang nicht verkauft werden darf. Sie soll nun nach Angaben von Gutekunst an einen Schwerbehinderten vermietet werden. Für einen Rollstuhlfahrer ist sie allerdings nicht geeignet, wie Gutekunst erzählt - sie liegt im zweiten Stockwerk eines Hauses ohne Lift. Auch besonders billig wird die Wohnung nicht sein. Gutekunst geht davon aus, dass die Stiftung die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen wird. Der Gewinn, der damit erzielt werden kann, soll dann im Sinne der Stifter Bedürftigen zu Gute kommen.

Dabei wurde die Satzung so gefasst, dass zwar in der Präambel schwerstbehinderte und schwerstkranke Menschen erwähnt werden, beim Stiftungszweck aber allgemein von "Mildtätigkeit" sowie der "Jugendhilfe und Altenhilfe" die Rede ist. Damit soll laut Stadtkämmerer Günther Gaillinger sichergestellt werden, dass auch dann Geld verteilt werden kann, wenn es für den von den Walchers vorgesehenen Verwendungszweck keine passenden Empfänger gibt.

Teile der Grünen stimmten in der Stadtratssitzung am Dienstag gegen die Satzung, aber aus einem anderen Grund: Fraktionssprecherin Michaela Radykewicz monierte, dass für die Verwaltung der Stiftung eine Tätigkeitsvergütung gezahlt werden kann. "Wenn ich Geld für soziale Zwecke bekomme, darf ich mir nichts abzwacken", sagt sie.

Vorbild für die rechtliche Konstruktion der neuen Stiftung ist die ebenfalls von einer Germeringer Bürgerin gegründete Mathilde-Rank-Stiftung. Die 2007 gestorbene ehemalige Bahnbeamtin Mathilde Rank hatte allerdings noch zu Lebzeiten die Gründung einer Unterstiftung in die Wege geleitet und diese mit 230 000 Euro ausgestattet. Auch wenn sie ihren Namen erst nach dem Tod veröffentlicht sehen wollte, kann die Sozialstiftung ihr Andenken mit Bild und persönlichen Daten auf der Stiftungs-Homepage ehren.

Bei Gretel und Karl Walcher dürfte das schwierig werden. Die Stiftung ist zwar verpflichtet, das Grab des Ehepaars zu pflegen. Doch außer dem Inhalt des Testaments und den Geburts- und Sterbedaten, die auf dem Grabstein stehen, weiß Gutekunst so gut wie nichts über die beiden Gönner.

© SZ vom 10.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: