Fürstenfeldbruck: Urteil:Ohne Auftrag bestellt

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Ein Mitarbeiter einer IT-Firma fühlt sich von einem Software-Vertreter unter Druck gesetzt - und ordert teure Lizenzen. Dafür muss er jetzt ins Gefängnis.

Ariane Lindenbach

Mehr als 400.000 US-Dollar Schaden ist einer Firma aus dem Landkreis entstanden, weil einer ihrer Mitarbeiter in entsprechender Höhe Software eingekauft hatte, obwohl es dafür gar keine Aufträge gab. Das Brucker Schöffengericht verurteilte den inzwischen in Remagen lebenden 41 Jahre alten ehemaligen Vertriebsmanager wegen dreifacher Untreue zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Als Motiv gab der Verurteilte an, von dem Software-Verkäufer unter Druck gesetzt worden zu sein.

Die Firma, die inzwischen von einem anderen Unternehmen übernommen worden ist, bietet Großkunden auf drei Kontinenten Service-Leistungen rund um Computer- und Telefonsysteme an. Unter anderem vertreibt sie Lizenzen für "Business Software", wie Computerprogramme für Firmen neudeutsch heißen. Dafür war der 41-Jährige zuständig. Im Sommer 2008 bestellte er bei drei Gelegenheiten Software-Lizenzen für insgesamt 446.000 US-Dollar. Wie er nun vor Gericht gestand, und ihm die Anklage vorgeworfen hatte, hatte es für diese drei Bestellungen keine Kundenaufträge gegeben. Sein Arbeitgeber blieb also auf den Lizenzen - und den Rechnungen - sitzen. Der Remagener wurde gefeuert, als die Einkäufe aufgeflogen waren.

Er habe sich vom Vertreter der Softwarefirma derart unter Druck gesetzt gefühlt, dass er diese drei Bestellungen fingiert habe, erläuterte der 41-Jährige. Und berichtete davon, dass ihn der andere mit häufigen Anrufen belästigt habe. Für Richter Johann Steigmayer war es nicht nachzuvollziehen, "dass er seinem Arbeitgeber Schaden zufügt, nur um lästigen Anrufen zu entgehen". Die Anrufe seien sechs, sieben Mal am Tag gekommen, erwiderte der Angeklagte.

Ein ehemaliger Kollege bestätigte, dass der 41-Jährige ihm gegenüber ebenfalls über die Penetranz seitens der Softwarefirma geklagt hatte. Der Zeuge selbst teilte diese Erfahrung keineswegs. Allerdings berichtete er, der Angeklagte habe ihm seinerzeit erzählt, der Software-Vertreter habe ihm gedroht, den Vertrag mit der Firma zu kündigen, falls nicht genügend Bestellungen eingingen. Und der Angeklagte werde dann seine Arbeit verlieren. Von dieser Drohung hatte der Angeklagte auch dem Schöffengericht berichtet.

Dennoch blieb das Gebaren des Angeklagten unverständlich. Der Staatsanwalt sprach von einer "völlig unsinnigen und irrsinnigen Tat". Er beantragte drei Jahre Haft, der Verteidiger zwei Jahre Bewährungsstrafe. Der Vorsitzende blieb mit seiner Entscheidung zwischen beiden Forderungen. Angesichts des "immens hohen Schadens" sei eine Freiheitsstrafe unumgänglich. Auch ihm blieb das Motiv des 41-Jährigen verborgen: "Er hatte selber keinen Vorteil davon, nur Nachteile."

© SZ vom 08.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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