Fürstenfeldbruck:Mehr Service bei der Müllabfuhr

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Seit zwanzig Jahren schleppen die Bürger ihre Abfälle zu den Sammelplätzen. Viele würden sie lieber zu Hause abholen lassen. Eine Wertstofftonne für Kunststoffverpackungen könnte ein Schritt in diese Richtung sein

Heike A. Batzer

Viele Bürger in Fürstenfeldbruck würden ihre Abfälle lieber an der Haustür abholen lassen als sie selbst zu den kommunalen Wertstoffhöfen zu bringen. Und sie wären sogar bereit, für den Servicegewinn höhere Müllgebühren zu bezahlen. Das ist das Ergebnis einer, allerdings nicht repräsentativen Studie der LQM Marktforschung aus Mainz, die die drei Städte Fürstenfeldbruck, Offenbach und Hamburg verglichen hat. Auch der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises (AWB) bestätigt eine latente Unzufriedenheit "in Teilen der Bevölkerung" über die Notwendigkeit, Verpackungen zur Entsorgung zu den Wertstoffhöfen bringen zu müssen.

Am einfachsten zu entsorgen ist der Hausmüll. Die Tonnen dafür stehen meist im Garten oder Hof. (Foto: Johannes Simon)

Dass immer mehr Bürger einen Abholservice schätzen, zeigt auch die steigende Beliebtheit der 2009 eingeführten kommunalen Papiertonne. In 18 000 Haushalten steht mittlerweile ein solches Behältnis für Papier und Kartonagen. Es wird alle vier Wochen geleert. Die Tonne wurde vor dreieinhalb Jahren als Reaktion auf die Konkurrenz durch private Entsorger eingeführt.

Könnte deshalb nicht auch eine im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgesehene Wertstofftonne gerade den Umgang mit den ständig steigenden Mengen an Plastikabfällen erleichtern, die sich in vielen Haushalten stapeln? In eine Wertstofftonne gehören Leichtverpackungen aus Kunststoff und Metall wie Joghurtbecher, Pet-Flaschen und Tetrapaks, die die Bürger bislang zu den großen Wertstoffhöfen oder zu den Kunststoffsammelstellen - beide sind nur zu bestimmten Uhrzeiten geöffnet - bringen und dort einzeln in verschiedene Sammelbehältnisse einsortieren. In eine Wertstofftonne gehören auch "stoffgleiche Nichtverpackungen" wie Putzeimer, Plastikschüsseln, Plastikspielzeug oder Alukochtöpfe, die im Landkreis erst in Zukunft eigens gesammelt werden sollen. Bisher landen sie im Rest- oder Sperrmüll.

Längst nicht alle Bürger scheinen die Wertstoffhöfe regelmäßig zu nutzen, glaubt man der Studie "Zuverlässige Abfallentsorgung und saubere Städte", für die die LQM Marktforschung 2010 in einer Zufallsstichprobe je 100 Einwohner in drei Städten befragt hat. Nicht einmal zwei Drittel, nämlich nur 62 Prozent der Befragten in Fürstenfeldbruck, sammeln demnach Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundstoffen - in Hamburg (84 Prozent) und Offenbach (98 Prozent), wo Plastikabfälle in einen Gelben Sack oder eine Gelbe Tonne geworfen und dann abgeholt werden, liegen die Quoten deutlich höher. Bei den Sonderabfällen ist es ähnlich: In Fürstenfeldbruck bringt demnach nur jeder Zweite (53 Prozent) Batterien oder defekte Elektro-Kleingeräte zum Wertstoffhof, in Hamburg und Offenbach sind es 82 beziehungsweise 79 Prozent. Die befragten Fürstenfeldbrucker waren zwar mit der Höhe der Müllgebühren - die zu den niedrigsten in Deutschland zählen - zufrieden, die Hälfte aber wäre bereit, für ein bequemeres System höhere Gebühren zu bezahlen.

Einen generellen Wunsch der Bevölkerung nach Änderung des Abfallsystems will AWB-Leiter Herbert Britzelmair daraus nicht ableiten. "Die Studie ist nicht repräsentativ. Es sind nur 100 Leute befragt worden", sagt er. Allerdings hält er die Ergänzung des etablierten Bringsystems um Möglichkeiten, Teile der Abfälle auch abholen zu lassen, für sinnvoll: "Wir sind ja auch Dienstleister, deshalb sollten wir den Service verbessern." Britzelmair ist deshalb dafür, dass der Landkreis in spätestens zwei Jahren eine Wertstofftonne anbietet - die genutzt werden kann, aber nicht genutzt werden muss. Die Abgabemöglichkeiten an den Wertstoffhöfen blieben erhalten. Die neue Tonne würde in der 120-Liter-Ausführung bei vierwöchiger Leerung höchstens 36 Euro im Jahr kosten (240 Liter 73 Euro). Die Kreisräte des Werkausschusses befassen sich an diesem Donnerstag noch einmal mit dem Thema.

Dass die Abholung vielen Bürgern entgegenkommen würde, zeigt auch eine Untersuchung, die das Augsburger Bifa-Umweltinstitut zusammen mit der Hochschule Kempten und dem Zweckverband für Abfallwirtschaft Kempten im Jahr 2011 durchgeführt hat. Ergebnis: Die Bürger bevorzugen für die Entsorgung der Wertstoffe ein Holsystem. Vor allem Frauen, jüngere Menschen und Bewohner größerer Wohnanlagen sprachen sich für eine Wertstofftonne aus, die nicht nur den Vorteil der Abholung bietet, sondern in der eben mehrere Abfallfraktionen gemeinsam gesammelt werden. Allerdings äußerten die befragten Bürger auch die Befürchtung, dass man mit den Wertstoffen "gar nichts mehr anfangen kann, wenn alles in eine Tonne darf", heißt es in der Zusammenfassung der Studie. Die Forscher mahnen deshalb an, die Bürger aufzuklären und ihnen die Leistungsfähigkeit moderner Sortieranlagen zu erläutern. Allerdings räumen sie auch ein, dass der Besuch eines Wertstoffhofs für viele die soziale Funktion eines "Dorfplatzes" übernimmt. Dort trifft man sich, unterhält sich, tauscht sich aus.

© SZ vom 11.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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