Vötting:Alles für die Katz

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Sollte das Bürgerbegehren gegen die Westtangente erfolgreich sein, hätte Freising sechs Millionen Euro umsonst investiert

Von Kerstin Vogel

Wenn das Bürgerbegehren gegen den Bau der Westtangente erfolgreich sein sollte, dann wird die Stadt rund sechs Millionen Euro umsonst in dieses Vorhaben investiert haben. Diese Zahl bestätigte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher am Dienstag. Und: Die 15 Vöttinger Hausbesitzer, deren Immobilien zuletzt von einem Fachmann der Firma Grundbaulabor geprüft worden sind, können die dabei angefertigten Gutachten eigentlich wegwerfen. Sie sind wertlos, wenn es zum Bürgerentscheid kommt, weil bis dahin zu viel Zeit verstreichen würde, wie Tiefbauamtsleiter Franz Piller erklärt: Die Gutachten wären bis zur Abstimmung schlicht überholt. Sollte der Entscheid zugunsten der Umgehungsstraße ausgehen, müssen die Experten deshalb erneut anrücken, um die Bestandserfassung für die Häuser in Vötting auf den dann aktuellen Stand zu bringen.

Notwendig sind diese Gutachten als Bestandteil eines "Beweissicherungsverfahrens", das die Stadt Freising den von der Westtangente betroffenen Anwohnern zugesagt hat: Man will ausschließen, dass durch die Grundwasserabsenkung für den Bau des Tangententunnels Schäden an den Häusern in der Umgebung entstehen. Deshalb - so zumindest war es geplant - wurden die Experten vom Grundbaulabor beauftragt, den derzeitigen Zustand der Häuser zu dokumentieren. Anschließend hätte ein groß angelegter Pumpversuch in Vötting durchgeführt werden sollen, mit dem man die bevorstehenden Eingriffe ins Grundwasser quasi simuliert und ihre Auswirkungen erfasst hätte.

Der Zustand von 15 der insgesamt 50 betroffenen Häuser ist laut Piller dafür in den vergangenen Wochen auch schon erfasst worden. Doch Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher hat die Gutachter vor einigen Tagen zurückgepfiffen und auch den Pumpversuch abgesagt. Zu groß erschien den Verantwortlichen die Gefahr, dass das Bürgerbegehren sehr schnell Erfolg haben könnte - eine Einschätzung, die Eschenbacher am Dienstag noch einmal bekräftigte. Nach seinen Informationen hatte das von zahlreichen Parteien und Organisationen unterstützte Bündnis "Besser ohne Westtangente" vor einigen Tagen schon zehn Prozent der erforderlichen 2700 Stimmen zusammen. Tatsächlich sind es sogar schon an die 400 Unterschriften, wie Grünen-Stadtrat Jürgen Maguhn bestätigt.

Die Krux für den OB und die Stadtverwaltung: Sobald das Begehren eingereicht ist, müssen die vorbereitenden Arbeiten für den Bau der Tangente sofort gestoppt werden. Hätte man den Pumpversuch begonnen, hätte man ihn also möglicherweise mittendrin abbrechen müssen - und allein damit rund 200 000 Euro umsonst ausgegeben, die Kosten für den Bauleiter noch gar nicht eingerechnet. Auch die Gutachten für die Vöttinger Anwesen kosten pro Haus mindestens 500 Euro, möglicherweise auch deutlich mehr, wie Piller sagte.

Wie viel die beauftragte Firma für die rund um den Pumpversuch bis jetzt umsonst geleisteten Arbeiten haben möchte, soll an diesem Mittwoch erstmals verhandelt werden. Was im Fall einer Ablehnung der Westtangente durch die Bürger mit den fünf Millionen Euro geschehen wird, die von der Münchner Flughafengesellschaft zum Bau der Umgehung beigesteuert werden sollen, ist ebenfalls offen. Die Stadt hat Teile dieser Summe schon abgerufen - auch das muss nun gestoppt werden. Ein entsprechendes Schreiben hat Piller bereits versandfertig auf seinem Schreibtisch.

Wann die Entscheidung über das Bürgerbegehren und später dann über die Westtangente fällt, steht noch nicht fest. Ein vorsichtiger Zeitplan des Bündnisses sieht laut Maguhn vor, die Unterschriften "bis zur Sommerpause" zusammen zu haben. Anschließend müssen diese im Wahlamt geprüft werden - und dann kann der Stadtrat dem Begehren gleich stattgeben und auf die Umgehungsstraße verzichten oder - die weitaus wahrscheinlichere Variante - er setzt den Bürgerentscheid an. Möglicher Termin ist für Eschenbacher der 22. September, das ist der Tag der Bundestagswahl.

Einige Stadträte denken unterdessen offenbar darüber nach, dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren für den Bau der Westtangente entgegenzusetzen. Entsprechende Andeutungen machte Bürgermeister Rudi Schwaiger (CSU) am Dienstagabend im Hauptausschuss. Oberbürgermeister Eschenbacher erklärte, dass das natürlich jederzeit möglich wäre. Auch dieser Schritt würde jedoch lediglich bedeuten, dass man die Entscheidung aus dem Stadtrat auf die Bürger übertrage.

© SZ vom 22.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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