Uferlos-Festival:Moralisch ein super Erfolg

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Eisheilige machen den Veranstaltern des Freisinger Festivals dennoch zu schaffen

Christian Gschwendtner

Eine Halbzeitpause sieht der Terminkalender des Uferlos-Festivals eigentlich nicht vor. Dieser späte Mittwochnachmittag folgt aber seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten: Im Zehn-Minuten-Takt wechseln sich Sonnenstrahlen und Regenschauer ab; allein die Temperaturen bleiben konstant im Keller. Allen Beteiligten bleibt da erst einmal Zeit zum Durchschnaufen. Uferlos-Kapitän Michi Kasper geht mit gutem Beispiel voran. Gemächlich schlurft er über das Gelände, in der Hand und im Mund einen ansehnlichen Burger. Was er sieht, kann ihn nicht zufriedenstellen. Die gelb-getünchten Biertisch-Garnituren sind größtenteils verwaist, in regelmäßigen Abständen werden sie von einem jugendlichen Uferlos-Sisyphos trocken gewischt - einzig die multifunktionalen Sonnenschirme der Weihenstephaner Brauerei bieten den Hartgesottenen Zuflucht.

Dass man sich dem Schicksal aber nicht wehrlos ergibt, zeigt ein Abstecher in den Biergarten: Jägertee oder Glühwein? Ja, die Eisheiligen haben ihre Finger auch bei der Getränkekarte mit im Spiel. An den Ständen nimmt man es mit Humor ("Wir müssen uns schon immer wieder neue Witze ausdenken"). Wahrsagerin Madeva erklärt augenzwinkernd, sie sei ausgeruht, das könne sich nur positiv auf die Qualität des Handlesens und Kartenlegens auswirken.

Ebenso unbeeindruckt waltet die Lebensmittelkontrolle ihres Amtes. Festivalroutine. Im Veranstaltungsbüro des Kulturfestivals überwiegen derweil die Sorgen. "Moralisch gesehen ist das Uferlos wie immer ein super Erfolg. Alle sind gut drauf, die Konzerte kommen gut an - nur das hilft alles wenig, wenn am Ende nichts übrigbleibt", sagt Michi Kasper. Trotz des Sauwetters seit Samstag seien viele Leute gekommen, aber finanziell läuft es seinen Worten zufolge absolut nicht rund. Den Löwenanteil der Kosten versuchen die Verantwortlichen mit den Getränkeeinnahmen zu decken. Wenn es die Besucher aber zunehmend in die Zelte zieht, bleibt der Konsum in den Biergärten auf der Strecke.

Abgesehen vom Damoklesschwert Finanzen gibt es im Leben eines Veranstalters aber immer wieder diese "magic moments", wie am Dienstag im Kaffeehauszelt bei den Zwoastoa. "Die Band tobt, das Publikum feiert ab und wir sind glücklich", schwärmt Kasper. Die persönliche Zwischenbilanz des Michi Kaspers kann sich wenigstens sehen lassen. Ein kurzes Wischen auf dem iPhone, dann präsentiert er das Ergebnis: 38 Tage rauchfrei; auf 847 Zigaretten verzichtet. An Tagen wie dem Mittwoch scheint sich die Rückfallgefahr in Grenzen zu halten; hektisches Festivalgewusel sieht anders aus. Sogar die vier Schreibtische in der Uferlos-Schaltzentrale - aufgeräumt wie sie sind - könnten in dieser Berufssparte schnell als Ordnungspedanterie ausgelegt werden.

Zurück auf dem Festplatz lichtet sich der wolkenverhangene Himmel ein wenig, je näher es auf den Abend zugeht. Und siehe da, die Freisinger erscheinen in größeren Mengen. Für Rabieb Al Khatib bedeutet das mehr Arbeit. Mit seinen Bisonspezialiäten ist er zum ersten Mal auf dem Uferlos vertreten. Erzählt er seinen Kunden, dass er das Bisonfleisch aus dem Landkreis Freising bezieht, ist die Verblüffung meist perfekt. Erzählt er aber, dass Landwirt Joseph Wiesheu in Sickenhausen die Tiere züchtet, ist die Welt wieder in Ordnung. In seinem Element ist jetzt auch Pap Wagne vom Stand "Afro-Feeling". Angesichts der Temperaturen hat er sein Stammesgewand aus Ghana zwar sicher verstaut, die Frohnatur ist aber trotzdem der legitime Afrikabotschafter des Uferlos.

Spricht man allgemein mit den Standbesitzern, dann haben sich die Erwartungen noch nicht erfüllt; aber es bleiben ja noch vier Tage. Vor allem die jungen Freisinger kommen jetzt. Für später hat sich die Reggae-Band Jamaram angekündigt. Das Uferlos-Karussell wird sich dann wieder kräftig drehen, von Halbzeitlethargie keine Spur mehr.

© SZ vom 18.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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