Spannend:Schafe aus dem All

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Die künstlichen Tiere des Ungarn Csongor G. Szigeti tragen silberne Alufolie statt Fell. Sie sind während der Ausstellung "FreiFarben" im Europäischen Künstlerhaus zu sehen

Von Regina Bluhme

Csongor G. Szigeti (von links) präsentiert seine ungewöhnlichen Schafe auf dem Ausstellungsgelände am Schafhof. Alejandra Bueno de Santiago vermittelt außergewöhnliche Geräusche, die Menschen mit ihren Bewegungen verursachen. Madaleine Trigg beschäftigt sich mit Filz. (Foto: Marco Einfeldt)

Das erste Schaf ist gelandet. Silbern glänzend steht der Prototyp aus Alufolie auf der Wiese vor dem Europäischen Künstlerhaus Am Schafhof. Demnächst wird eine ganze Herde von "Space Sheeps" den Hügel bevölkern. Von Sonntag an sind sie in freier Wildbahn zu beobachten, dann beginnt die Ausstellung "FreiFarben". Sechs Stipendiaten aus Ungarn, Spanien, England und Oberbayern haben einen Monat lang außergewöhnliche Projekte für das Schafhof-Gelände entwickelt. Der Freisinger Künstler Alexis Dworsky wandelt dabei auf den Spuren der ehemaligen Skischanze.

Mit Sonnenhut, praktischer Wander-Kleidung, Rucksack und einem Metallsuchgerät erscheint Dworsky zum Pressegespräch im Künstlerhaus. Er will mit den Ausstellungsbesuchern als "eine Art Fremdenführer" auf Entdeckungsreise gehen, sagt er. Dass am Schafhof von 1953 bis zum Abbruch in den 70er Jahren eine hölzerne Skischanze mit gut besuchten Wettbewerben gestanden hat, diese Geschichte habe ihn fasziniert, berichtet Dworsky. Der Freisinger hat einige Geschichten von den Skispringern auf Lager sowie Fotos und Ergebnislisten. Eine Spurensuche mit offenem Ausgang wird es werden, "denn wer weiß, was sich noch findet", sagt er, "vielleicht verrostete Nägel oder eine Skibindung".

Der ungarische Stipendiat Csongor G. Szigeti sorgt dafür, dass nach langen Jahren endlich wieder Schafe am Schafhof stehen. Etwa zwölf der außerirdisch anmutenden "Space Sheeps" will Szigeti bis zur Ausstellungseröffnung anfertigen. Dann sollen sie auf dem stadtwärts gewandten Hügel verteilt und immer wieder mal neu gruppiert werden. Anstelle des Fells tragen die Tiere silberne Alufolie und die sorgt für spannende Perspektiven: Spiegelt sich in ihnen die Wiese, sind sie fast unsichtbar, scheint die Sonne auf sie, blitzen sie wie Außerirdische aus dem Hügel hervor.

"The Non Sounds of Schafhof" hat Alejandra Bueno de Santiago aus Valencia ihre außergewöhnliche Installation überschrieben. Die Spanierin hat vom Hügel des Künstlerhauses aus zehn Aussichten fotografiert, "die Aufnahmen anschließend durch eine Software transformiert und in Sound umgewandelt", erklärt Künstlerhaus-Leiter Eike Berg. Die Tonfolgen können sich Besucher über ein App für Smartphones am jeweiligen Standort anhören. Wie wohl die Aussicht auf die Weihenstephaner Höhe als Musikstück klingt? Außerdem sollten die Besucher auf fünf weiße Striche vor dem Haupteingang achten. Das sind Notenlinien "und durch die Bewegung der Menschen entsteht eine Komposition, die vor Ort zu hören ist", erklärt Berg.

Stipendiat Karl-Heinz Einberger setzt in seiner Installation ebenfalls auf die Neuen Medien. Wie Berg erläutert, wird der in Freising lebende Künstler am unteren Teil des Weihenstephaner Oberdieckgartens riesige 15 mal 60 Meter große Folienbahnen aufstellen. Blicke man dann vom gegenüberliegenden Hügel des Schafhofs auf die Installation, so erscheine diese "als winziges Quadrat eines QR-Barcodes", der von den Besuchern mit dem Smartphone gescannt werden könne und auf eine Internetseite führe, so Berg. Das Projekt heißt übrigens "You are here".

Wie aus einem Westernfilm herausgefallen steht ein verrostetes Ranch-Schild auf der Schafhof-Wiese. Auf dem durchlöcherten Bogen steht "Lonebase". Ein Motor sorgt dafür, dass das Schild - wie in Western üblich - ständig klappert. Fast wartet man darauf, dass ein Cowboy um die Ecke biegt oder ein staubiger Strohballen vorbeifliegt. Doch durch die Installation der Münchner Stipendiatin Beate Engl fällt der Blick auf sanfte Hügel, Obstbäume und grünen Wiesen. "Es geht hier um den Blick", erklärt Eike Berg, das Schild sei wie "ein Tor in die Landschaft".

Die Londoner Performance-Künstlerin Madaleine Trigg verweist in ihrem Projekt auf die Geschichte der Filzherstellung in Freising. Um ihren Hals hat die Engländerin einen dicken Wust Schafwolle geschlungen. "Das Material habe ich hier gekauft", betont sie. Der lokale Bezug sei ihr sehr wichtig. Während der Ausstellung wird sie die um ihren Körper geschlungene Wolle nach und nach zu Filz verarbeiten. "Felt me" heißt ihr Projekt, was im Englischen sowohl mit Filzen aber auch Fühlen zu tun hat. Letzteres können die Besucher wörtlich nehmen, denn sie dürfen bei der "Performance am Körper" mitmachen.

Die Ausstellung "FreiFarben" wird im Europäischen Künstlerhaus Oberbayern am Sonntag, 21. Juli, eröffnet. Das Programm: 15 Uhr Offene Ateliers, 15.30 Uhr Gespräch mit den Künstlern, 17 Uhr Führung durch die Ausstellung und 19 Uhr Eröffnung mit Bezirkstagspräsident Josef Mederer. Anschließend gibt es ein Konzert mit der Freisinger Band Beleza mit Julia Schröter und Uli Wunner. Die Ausstellung dauert bis Samstag, 31. August. Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 14 bis 19 Uhr, und Sonntag und Feiertag 11 bis 19 Uhr.

© SZ vom 18.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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