Freitagabend:Angriff in der S-Bahn

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Zwei Burschen verletzen den Landtagskandidaten der Piraten - und niemand hilft

Von Kerstin Vogel

Es ist eine albtraumhafte Szene: Zwei Burschen attackieren in einer gut besetzten S-Bahn einen 55-jährigen Mann, schlagen auf ihn ein, verletzen ihn. Doch von den anderen Fahrgästen greift keiner ein, niemand hilft - sogar als es am Ende darum geht, Zeugen zu finden, haben es die meisten eilig zu verschwinden. Auch um das Opfer kümmert sich niemand, der Mann muss mit der S-Bahn nach Freising fahren und selber sehen, wie er in die Notaufnahme kommt. Er beklagt "schwere Verletzungen", Prellungen am ganzen Körper - und ein Auge ist so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass er den Samstag in einer Augenklinik verbringen muss.

Passiert ist das am Freitag dem Moosburger Franz Josef Bachhuber. Der Mann ist "nicht schlecht beinander", wie er selber sagt, doch er steht auch drei Tage später noch leicht unter Schock. Dabei ist die Tatsache, Opfer von Schlägern geworden zu sein, nur das eine. Viel schlimmer findet er, dass wieder alle weggesehen haben, dass da "gstandene Männer" in der S-Bahn saßen und nicht geholfen haben.

Dabei hatte sich der Ärger auf der Fahrt von München nach Freising abgezeichnet, wie Bachhuber sagt: Ihm seien die Jugendlichen aufgefallen, weil sie laute Musik gehört und "Party gemacht" hätten. Völlig verwüstet habe es an deren Plätzen ausgesehen - und als sich einer noch eine Zigarette angezündet habe, sei er eingeschritten. Bachhuber ist politisch aktiv, er will für die Piraten in den Landtag und ist wohl keiner, der im Zweifelsfall den Mund hält. Seine Aufforderung, das Rauchen zu unterlassen, sei jedoch mit Beleidigungen beantwortet worden und als er nicht lockergelassen habe, hätten ihm die Männer Prügel angedroht. Er habe trotzdem ihre Namen verlangt, erinnert sich Bachhuber - und als die S-Bahn in Neufahrn gehalten habe, habe er die Notbremse gezogen, um die Situation zu klären. Damit allerdings eskalierte der Streit endgültig: Einer der Burschen sei "panikartig" aufgesprungen, wohl um die Notbremse zu lösen. Dann hätten die beiden ihn aus der S-Bahn zerren wollen, er habe mehrere Schläge ins Gesicht erhalten und sich kaum wehren können, schildert Bachhuber die traumatischen Minuten. Schließlich seien die Angreifer aus dem Zug geflüchtet, einer habe noch eine volle Wodkaflasche nach ihm geworfen, das Geschoss habe ihn jedoch verfehlt und eine Scheibe der S-Bahn zertrümmert.

Als - einige Zeit später - die Polizei aufgetaucht sei, hätten als Zeugen nur noch drei junge Burschen aus Dachau und eine ältere Frau zur Verfügung gestanden, alle anderen seien verschwunden, kritisiert Bachhuber. Doch auch mit dem Verhalten der Polizei ist er nicht besonders glücklich. So habe niemand dafür gesorgt, dass er ärztlich versorgt werde. Auch habe man ihm kein Aktenzeichen zu dem Fall mitteilen können, kritisiert der 55-Jährige, der sich inzwischen einen Anwalt genommen hat. Offenbar hätten sich Landes- und Bundespolizei nicht über die Zuständigkeit einig werden können. Tatsächlich war am Montag weder bei der Neufahrner Polizei noch bei der Bundespolizei in München etwas über den Vorfall in Erfahrung zu bringen. Nach langem Hin und Her bestätigte schließlich das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord die Attacke auf Bachhuber. Dass einer der Täter bereits gefasst sei, weil er sein Handy verloren hatte, wie der 55-Jährige berichtet hatte, wurde dagegen nicht bestätigt. Die Ermittlungen seien eingeleitet, hieß es stattdessen.

© SZ vom 21.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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