Diözesanbibliothek:Nahrung für Staubläuse

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Seit drei Jahren ist die von Schimmel befallene Bücherei geschlossen und wird saniert. Bücher werden getrocknet und gereinigt. Bis 2015 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein

Peter Becker

- Peter Pfister, Direktor des Archivs und der Diözesanbibliothek des Erzbistums München und Freising, ist es unangenehm, die Besucher aus Nah und Fern vertrösten zu müssen. Die fragen ihn immer wieder, wann denn der Barocksaal mit den Tausenden von historischen Büchern wieder zu besichtigen sei. Die Bibliothek ist seit drei Jahren geschlossen - wegen Schimmelbefall. Ein Team von Restauratoren ist dabei, den Bestand von Feuchtigkeit und Schimmel zu befreien. "Wir liegen voll im Zeitplan", zieht Pfister während eines Rundgangs durch den Barocksaaltrakt eine Zwischenbilanz. Ist die Sanierung der Bücher, die 2009 begann, abgeschlossen, folgt ein weiterer Mammutakt: Das Gebäude selbst ist dann Gegenstand einer Bestandsaufnahme und einer anschließenden Sanierung. Pfister schätzt, dass der Barocksaaltrakt spätestens Ende 2015 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Arten von Penicillus, Aspergillus und Mucor sind nur einige der vielen Schimmelpilzgattungen, die der Chefrestaurator und sein Team ausfindig gemacht haben. Die Mischung ist aggressiv und gesundheitsgefährdend, so dass die Restauratoren den Barocksaal mit der Bibliothek, dem Archiv und dem Saal, in dem früher die Freisinger Bischöfe gewählt wurden, nur mit Schutzanzug und Atemmaske betreten dürfen. Diese drei Räume bilden den Barocksaaltrakt. Die Bibliothek mit ihren 55 000 Büchern ist bis auf wenige Exemplare, an denen die Stadien des Zerfalls nachvollziehbar sind, leergeräumt.

"Hier ist alles, was man nur falsch machen kann, falsch gemacht worden", stellt der Chefrestaurator fest. Das ist im Prinzip kein Vorwurf, denn die Generationen, die sich vor Pfister um den Bücherbestand kümmerten, wussten es zum Teil nicht besser. "Im Herbst wurde feucht herausgewischt", erklärt der Chefrestaurator - im Herbst zum Abschluss der Öffnungszeiten. Das verdunstende Reinigungswasser wanderte in den Bücherbestand. Die Belüftung erfolgte ohne Überwachung von Raumtemperatur oder Feuchtigkeit. Die Folge: Feuchtigkeit machte sich im Raum breit. "Die Bücher sind drei bis fünf Prozent feuchter als normal", nennt der Restaurator ein Ergebnis seines Befunds. Ideale Verhältnisse für Schimmelpilze also, deren Sporen der Wind durch die geöffneten Fenster hereingeblasen hat.

Aber nicht nur die: Staubläuse und Käfer hielten ebenso Einzug in die Bibliothek und ein fataler Kreislauf begann. Die Läuse ernähren sich bevorzugt von Schimmelpilzen, sterben und bilden wiederum ideale Nahrung für nachfolgende Populationen, ebenso wie andere Insekten, die sich ins Gebäude verirrt hatten. "Besonders die Larven der Läuse sind gefräßig", sagt Pfister. Und die hätten es gerade auf die proteinhaltigen Stoffe wie etwa Klebemittel abgesehen. Fraßspuren wie Holzmehl weisen auf die Existenz von Käfern hin, die sich im Holz der Regale eingenistet haben.

Mancher Schaden wäre auch vermeidbar gewesen oder hätte zumindest die Ausbreitung der Schädlinge weniger begünstigt. Der Chefrestaurator zeigt auf den Staubteppich, der sich hinter den Büchern breit gemacht hatte. Wohl in den 50er Jahren, mutmaßt er, habe es bereits ein "Problem" in der Bibliothek gegeben. Damals habe man sich wohl mit Kaliumpermanganat beholfen, erklärt der Restaurator. Das Ergebnis ist nun in Form von hässlichen roten Flecken auf den Regalwänden zu sehen. Und was das Schlimme ist: "Das Kaliumpermanganat zerfällt in seine Bestandteile", erklärt der Restaurator. Und diese wiederum bilden einen idealen Nährboden für alles, was dem Bücherbestand schadet.

Die Sanierung der Bücher sei bald abgeschlossen, stellt Pfister fest. Der Bestand wird getrocknet, gereinigt und kommt dann zur Aufbewahrung in ein Magazin. "Eine kontinuierliche Arbeit", sagt der Direktor des Domarchivs. Mit der liege man voll im Zeitplan. Wie lang allerdings die Bestandsaufnahme und Restaurierung der Räume dauert, weiß er ebenso wenig abzuschätzen wie die Summe, die das kostet. Die wird wohl beträchtlich sein. Staat und Kirche werden ihren Beitrag dazu leisten. Pfister ist jedoch zuversichtlich, dass bis zum Jahr 2015 alle Arbeiten erledigt sind. Bis dahin soll auch ein Nutzungskonzept für die Räume stehen. Solange müssen sich die Besucher mit den Schautafeln begnügen, die im Kreuzgang des Doms über die Bibliothek im Barocksaal informieren.

© SZ vom 21.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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