Fokker-Notlandung:Bei Schnee hilft nur Vollgas

Lesezeit: 1 min

Die notgelandete Maschine hatte möglicherweise ein Eis-Problem in den Triebwerken.

Philip Wolff

Die am Montag viereinhalb Kilometer vom Münchner Flughafen entfernt notgelandete Fokker 70 der Austrian Airlines ist am Mittwoch mit Hilfe von Bundeswehr-Spezialisten aus dem Acker gezogen worden. Die endgültige Bergung des Jets sowie die Ermittlungen zur Unglücksursache am Ort der Notlandung können nach Auskunft des Luftfahrtbundesamts aber noch einige Tage dauern.

Erkenntnisse lägen vermutlich erst in einigen Wochen vor, teilte die zuständige Untersuchungsstelle in Braunschweig am Mittwoch mit.

Untersuchen werden die Experten unter anderem, ob das "Engine-Anti-Ice"- System der Maschine defekt oder nicht eingeschaltet war: eine Heizung, die im Normalfall ein Vereisen im Inneren des Triebwerksgehäuses verhindert.

Als wahrscheinlicher jedoch gilt, dass sich im dichten Schneetreiben Eis an den "fan blades" genannten Rotorblättern im vorderen Teil der Rolls-Royce-Turbinen der Fokker angesammelt hatte. Das führt gemeinhin zu Ungleichmäßigkeiten bei der Drehbewegung, so genannten Unwuchten, die bei hoher Drehzahl als Vibrationen spürbar werden. Dabei fällt die Triebwerksleistung ab.

Im Fall des Unglücksfluges OS 111 vom Montag war die Leistung der Triebwerke beim Landeanflug in einer Höhe von 3000 Metern auf 30 Prozent gesunken, und der Pilot hatte von Vibrationen berichtet.

Einzig probates Mittel zur Verhinderung solcher Situationen ist Fachleuten zufolge: Gas geben und die Drehzahl erhöhen, bevor man durch die Wolkendecke ins Schneegestöber vorstößt. Sonst kann es obendrein passieren, dass sich wenig später Eis von den Rotorblättern löst und Schäden im dahinter liegenden Triebwerk anrichtet. Auch diese Möglichkeit wollen die Fachleute jetzt prüfen.

Dass indes Eisstücke von den Flügeln in die seitlich am Heck angebrachten Triebwerke der Fokker 70 flogen, halten die Beteiligten für unwahrscheinlich: Nach Angaben von Austrian-Airlines-Sprecherin Livia d'Andrea-Böhm waren Rumpf und Tragflächen vor dem Start in Wien gründlich enteist worden.

Als "sehr hypothetisch" bezeichnen Experten auch eine plötzliche, mangelnde Versorgung der Triebwerke mit Treibstoff. Es gebe für den Fall einer Leitungsstörung immer mehrere Versorgungswege. Detaillierte Erkenntnisse erhofft sich das Luftfahrt-Bundesamt nun von der Auswertung des Flugschreibers.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: