Feinstaubbelastung:Die Umweltzone rückt in weite Ferne

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Fahrverbots-Ausnahmen für G-Kat-Autos können nur auf Bundesebene geschaffen werden. Bleibt Berlin bei der Plakettenverordnung hart, steht das gesamte Innenstadt-Fahrverbot auf der Kippe.

Dominik Hutter

Die Einrichtung einer Umweltzone in der Innenstadt wird immer unwahrscheinlicher. Die vom Rathaus geforderten Fahrverbots-Ausnahmen für G-Kat-Autos können aus juristischen Gründen nur auf Bundesebene geschaffen werden - und dort herrscht keinerlei Bereitschaft, die Plakettenverordnung noch einmal aufzuschnüren. Unter diesen Bedingungen aber will die Stadt keine Umweltzone ausweisen.

Fahrverbots-Ausnahmen für G-Kat-Autos können aus juristischen Gründen nur auf Bundesebene geschaffen werden (Foto: Foto: ddp)

Im Kampf gegen allzu rigorose Fahrverbote hat die Stadt inzwischen Unterstützung bekommen - von Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf, dessen Haus für die kommunalen Luftreinhaltepläne verantwortlich ist.

"Wer Benziner mit geregeltem Katalysator mit Fahrverboten belegt, schießt übers Ziel hinaus", zürnt der CSU-Politiker, der nach eigener Aussage von Anfang an für eine moderate Lösung plädiert hat.

Und moderat heiße: Besitzer von Kat-Autos dürften nicht urplötzlich mit denen von Rußschleudern in einen Topf geworfen werden. Schnappauf hat daher in einem Schreiben an Bundesumweltminister Siegmar Gabriel (SPD) Änderungen verlangt.

In Berlin zeigt man sich derweil bass erstaunt über die große Aufregung der vergangenen Tage. Schließlich sei der gesamte Kurs von Anfang an mit den Ländern abgesprochen, die Einbeziehung einzelner G-Kat-Autos somit bekannt gewesen. "Und dabei wurde auch kein Land überstimmt", versicherte ein Sprecher und widerspricht damit der Darstellung Schnappaufs.

Dementsprechend gebe es auf Bundesebene keine Bestrebungen, die gerade erst ausgetüftelte Plakettenverordnung wieder zu ändern. "Es handelt sich hier keineswegs um einen Irrtum", betont der Ministeriumssprecher. "Alles wurde umgesetzt, so wie es mit den Ländern vereinbart war." Ohnehin sei die Zahl der betroffenen Autos wesentlich geringer als immer behauptet werde.

In München, das haben Berechnungen des Kreisverwaltungsreferats ergeben, erhöht sich durch die Einbeziehung der ersten Kat-Generation die Zahl betroffener Autos um ein Drittel: von 60000 auf 80000 - ein Zehntel des gesamten Münchner Fuhrparks.

Zu viel, wie selbst Verfechter der Umweltzone finden. Schließlich seien Benziner mit Kat so gut wie nicht für die hohe Feinstaubbelastung verantwortlich - und darum gehe es schließlich in der ganzen Umweltzonen-Debatte. Ohne Ausnahme für Kat-Autos, so machte die Rathaus-SPD daher am vergangenen Freitag deutlich, wird München keine Umweltzone ausweisen.

Damit aber wird es insgesamt eng für das Projekt, mit dem München seine Luftbelastung auf eine EU-konforme Größenordnung absenken wollte. Denn die vom grünen Umweltreferenten Joachim Lorenz vorgeschlagene Ausnahmeregelung auf Länderebene, also im Luftreinhalteplan, ist laut Bayerischem Umweltministerium aus juristischen Gründen unmöglich.

Die Stadt selbst darf lediglich ganz kleine Ausnahmen schaffen, etwa für sozial Schwache oder An- und Abfahrt zur Großmarkthalle. Bliebe also nur der Bund mit seiner Plakettenverordnung - und der mauert.

Klar ist: Selbst wenn Berlin die Verordnung noch einmal aufschnüren würde, sind erhebliche Verzögerungen unvermeidbar. Schließlich müssten erneut Kabinett und Bundesrat mit dem Thema befasst werden, anschließend folgte die Überprüfung samt Öffentlichkeitsphase durch die Regierung von Oberbayern.

Sven Thanheiser, umweltpolitischer Sprecher der Rathaus-SPD, rechnet frühestens für Herbst 2008 mit einer spruchreifen Lösung - ein Jahr später als bisher geplant. "Der politische Wille zur Einrichtung einer Umweltzone bleibt bestehen", versichert Thanheiser. Die Stadt renne aber nicht sehenden Auges in eine juristische Niederlage.

© SZ vom 28. Dezember 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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