Fall Moshammer:Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

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Der Anwalt des mutmaßlichen Mörders des Modemachers Rudolph Moshammer, Herisch Abdullah, hat eine Aussage seines Mandanten im Prozess angekündigt.

Von Alexander Krug

Sechs Monate nach dem gewaltsamen Tod des Modehändlers Rudolph Moshammer hat die Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen den mutmaßlichen Täter erhoben. Dem Iraker Herisch Ali Abdullah, 25, wird Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge vorgeworfen.

Die 51 Seiten umfassende Anklageschrift wurde gestern den Verteidigern Adam Ahmed und Jürgen Langer zugestellt. Ein Termin für den Prozess steht noch nicht fest.

42 Zeugen und fünf Sachverständige

In der von Staatsanwalt Martin Kronester verfassten Anklageschrift wird Abdullah vorgehalten, Moshammer aus Habgier ermordet und beraubt zu haben.

Details des streng gehüteten Dokuments teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit, zu erfahren ist lediglich, dass 42 Zeugen gehört werden sollen und fünf Sachverständige, darunter ein Psychiater, ein Rechtsmediziner und einige Sachverständige vom Landeskrimanalamt.

Die Anklage liegt jetzt beim Schwurgericht München I, das in den nächsten Wochen über die Zulassung entscheiden wird.

Tot in Wohnung gefunden

Es ist der 14. Januar dieses Jahres, als um 8.58 Uhr ein Anruf bei der Einsatzzentrale der Polizei eingeht. "Der Herr Moshammer ist tot, liegt tot in seiner Wohnung", sagt der Mann am anderen Ende der Leitung. Es ist Andreas Kaplan, langjähriger Chauffeur des wohl bekanntesten Modehändlers Deutschlands.

Zwölf Minuten später trifft ein Streifenwagen in der Robert-Koch-Straße 11 in Grünwald ein. Am Treppenabsatz im Flur im ersten Stock finden die Beamten die Leiche Moshammers. Der 64-Jährige liegt rücklings auf dem Boden, vollständig bekleidet, lediglich das weiße Oberhemd ist hochgerutscht infolge von Wiederbelebungsversuchen eines Notarztes.

Um den Hals der Leiche ist ein schwarzes Kabel gewickelt, der Notarzt kann nur noch den Tod feststellen.

Iraker gesteht am nächsten Tag

Bereits einen Tag später ist der "Mordfall Moshammer" aufgeklärt. Um 22.10 nimmt ein Einsatzkommando der Polizei in einer heruntergekommenen Wohnung in der Kidlerstraße in Sendling den Iraker Herisch Ali Abdullah fest.

Der 25-Jährige wird zur Mordkommission gebracht, wo er in den nächsten Tagen mehrmals vernommen wird. Bereits bei der ersten Befragung bricht er in Tränen aus und gesteht die Tat.

Abdullah erzählt den Kripobeamten, dass ihn Moshammer im Rolls Royce auf der Straße angesprochen habe. "Er hat mich ausgesucht", so Herisch. Jeder Iraker wisse, dass Moshammer Männer suche.

Der Modehändler habe ihm 2000 Euor versprochen, viel Geld für den 25-Jährigen, der sich an diesem Abend beim Roulette in der Spielothek "Las Vegas" verzockt hatte.

Streit um Geld

Gemeinsam fahren die beiden nach Grünwald, dort kommt es im Wohnzimmer zu sexuellen Handlungen. Abdullah erzählt den Beamten, dass er sich geschämt habe.

Irgendwann sei es wegen der Bezahlung zum Streit gekommen. Moshammer habe ihn rauswerfen wollen und mit der Polizei gedroht. Da habe er ein auf dem Tisch liegendes Kabel genommen und ihm von hinten um den Hals geschlungen. Moshammer habe ihn "verarscht und betrogen", schimpft er.

Bei einer dritten Vernehmung erzählt er, dass Moshammer ihn geschubst, ihm eine Ohrfeige gegeben und dann mit dem Kabel geschlagen habe. Im Gerangel sei das Kabel dann zerrissen und er habe Moshammer einen Teil um den Hals gezogen. Er habe ihn gedrosselt, "bis er zu Boden fiel".

Der Täter und seine Geschichte

Bei dieser Vernehmung erzählt Herisch auch das erste Mal von sich - und es sind überraschende Dinge, die die Polizei hört. Er sei im Irak ein "Partisan" gewesen und habe "zwei bis drei Menschen" getötet, so Herisch.

Sieben Jahre lang habe er als kurdischer Freiheitskämpfer gegen das Saddam-Regime gekämpft, sein Vater sei vor seinen Augen vom Geheimdienst ermordet worden.

Ist Herisch Abdullah also ein Peschmerga, wie die kurdischen Kämpfer im Nordirak heißen? Einer jener Männer, die den Tod nicht fürchten?

Asylantrag abgelehnt

Zweifel sind angebracht. Tatsache ist, dass der südlich von Kirkuk geborene Herisch Abdullah nach seiner von Schleppern organisierten Flucht im Mai 2001 in Bielefeld einen Asylantrag stellte, darin jedoch stand nichts vom "Partisanenkampf", sondern nur, dass er jahrelang als Kellner gearbeitet und als einfacher Soldat den Wehrdienst abgeleistet hatte.

Der Asylantrag wurde im Oktober 2001 abgelehnt, weil Herisch über so genannte sichere Drittstaaten eingereist war. Wegen der Situation in seiner Heimat wurde er jedoch nicht abgeschoben.

Termin noch in diesem Jahr möglich

Fest zu stehen scheint somit lediglich, dass Abdullah auf abenteuerlichen Weise nach Europa kam, wo sich schließlich seine Wege am 14. Januar dieses Jahres auf unheilvolle Weise mit denen des Rudolph Moshammers kreuzten.

Am Ende war der schillernde Modehändler tot und Herisch wird sich wegen Mordes vor dem Schwurgericht verantworten müssen. Wann dies sein wird, steht noch nicht fest. Ein Termin noch in diesem Jahr ist aber nicht ausgeschlossen.

Gerüchte über fachfremde Anwälte

Abdullah hat mit den Anwälten Adam Ahmed und Jürgen Langer zwei Wahlverteidiger zur Seite stehen, die sich eher auf Ärztestrafrecht spezialisiert haben. Im Schwurgericht sind beide zwar noch nie aufgetreten. Dennoch fühle man sich gewappnet, sagt Ahmed, der in Strafrecht promoviert hat.

Über die Mandatierung der Anwälte kursierten in den letzten Wochen einige Gerüchte in Justizkreisen. Gemutmaßt wurde, dass die Verteidiger Exklusivverträge mit Boulevardmedien zur Finanzierung der Verteidigung des mittellosen Angeklagten abgeschlossen hätten. Auf Nachfrage der SZ wies Anwalt Ahmed dies gestern kategorisch zurück: "Das ist nicht unser Stil."

War es Mord oder Totschlag?

Für das Schwurgericht ist der Fall eher ein Routinefall, für die Boulevardmedien wird er wohl zum Großereignis.

Die zentrale juristische Frage im Prozess wird die Frage nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten sein sowie die Entscheidung, ob die Tat als Mord mit der Folge einer lebenslangen Haft oder als Totschlag (maximal 15 Jahre Haft) gewertet wird. Anwalt Ahmed kündigte eine Aussage seines Mandanten an.

© SZ vom 8.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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