Fahrgeschäfte im Selbstversuch (II):Fahr mit mir zur Hölle

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Es wird oft übersehen, welche innere Gefasstheit der Wiesn-Besuch vom Mann in seinen besten Jahren erfordert. Früher, als die Kinder klein waren, wussten sie noch nicht, dass der Vater schon geringe Höhen so panisch fürchtet wie das Fliegen. Ein Fahrbericht mit mehreren siebenjährigen Jungen.

Joachim Käppner

Name: Fahr zur Hölle!

(Foto: Foto: Robert Haas)

Typ: Klassische Geisterbahn

Los geht's: Voriges Jahr haben sich die Buben noch sehr gefürchtet, und auch diesmal kneifen sie die Augen zu, als Skelette aus dem Dunkeln nach ihnen greifen und Monster das Blutbeilchen schwingen. Der Begleiter sitzt souverän dabei und spricht Worte der Beruhigung. Süß, die Kleinen. Seltsam nur, dass er plötzlich auf sein eigenes, von versteckten Kameras projiziertest Bild zufährt, auf dem er ziemlich verkrampft aussieht.

Fazit: Kinderleicht.

Name: Riesenrad

(Foto: Foto: ddp)

Typ: Sehr hohes Riesenrad

Los geht's: Was einen im Riesenrad erwartet, ist klar. Selbst der Höhenneurotiker glaubt nicht wirklich, dass erstmals in der Geschichte des Oktoberfestes eine Gondel, und dann ausgerechnet die seine, aus den Halterungen kippen und unten in der Masse der Wartenden aufschlagen wird. Nein, das ist völlig unmöglich. Wirklich. Er kann das autogene Training aber nicht fortsetzen, weil er die Jungenbande von der Klapptür wegscheuchen muss. Sie drängeln in Lebensgefahr - lässt sie sich wirklich nicht öffnen? - davor herum und rufen: Da ganz unten, die Wildwasserbahn, die ist viel cooler.

Fazit: Nun ja, grandiose Aussicht.

Name: Wildwasser

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Typ: Achterbahn, auf der man zu allem Übel auch noch nass wird.

Los geht's: In Plastikbooten wird der Besucher durch ein harmloses Rinnsal geschaukelt. Dumm, dass er wegen des Regens vorher nicht richtig hochgeschaut hat. Dass die kleinen Jungs "geilo, geilo!" rufen, versetzt ihm aus gutem Grund einen Schauer: Jäh steigt das Boot in den Himmel und fährt viele, viele Meter hinauf. Winzig klein liegt unter ihm die Theresienwiese. Vor seinem Auge sieht er die Kinder abstürzen und natürlich sich selbst, aber für solche Überlegungen bleibt wenig Zeit: Wie ein Treibholz in den Niagarafällen rast das Boot hinunter und schlägt in einer Welle ein.

Fazit: Die weiteren Zumutungen nimmt der Fahrgast mit der Ergebenheit eines bereits geschlagenen Mannes auf.

Name: Münchner Zugspitzbahn

(Foto: Foto: ddp)

Typ: Vorsicht Falle

Los gehts: Harmlos wie die Krinoline präsentiert sich die Zugspitzbahn, weißblaue Karussellwägelchen, die einen Schneemann umkreisen und gerade sanft ausschwingen, als der Tester mit den Kindern eintrifft. Platz ist immer für zwei, der Bügel wird geschlossen - und sofort begreift der Mitfahrende das ganze Ausmaß seiner Narretei. Hebearme ergreifen das Gondelchen, es dreht sich wie rasend um den diabolischen Schneemann, der Tester hängt mit dem Kopf nach unten. Er erwartet Ohnmacht, Tinnitus, den Tod. Mach Dir keine Sorgen, Papa, ruft der Sohn. Das nächste Mal fahren wir halt wieder zur Hölle.

Fazit: Knock out.

© SZ vom 28.09.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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