Wenn die Sonne scheint, sind Würstchen der Renner:Bestens ausgestattet

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Kevin Raschke ist Mitarbeiter im Gewandhaus Gruber und präsentiert aktuelle EM-Trikots für 70 Euro. (Foto: Renate Schmidt)

EM-Zeit ist Einkaufszeit: Würstl zum Grillen, Trikos zum Anziehen, Fernseher zum Spieleschauen. Noch sagen die Erdinger Händler: "Die Stimmung ist gut, aber etwas gedämpfter."

Von Stefanie Pichlmair, Erding

Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten, hat Sepp Herberger gesagt, und das stimmt beinahe. Denn eigentlich dauert so ein Spiel vier Wochen, wie man aktuell bei der Fußball-Europameisterschaft beobachten kann. Man gilt mit Sporttrikot als ordentlich angezogen und grillt an sieben Tagen in der Woche. Der Fernseher läuft den ganzen Tag, der Kühlschrank ist randvoll mit Bier. Vier Wochen voller Konsumfreude und Lebenslust. Doch davon zu profitieren, ist harte Arbeit.

Zum Beispiel für Stefan Tremmel. Er ist Geschäftsführer des Elektrohandels Heuschneider in Dorfen. Dort kann man sich während der EM einen Fernseher leihen. "Wenn ein Kunde bei uns beispielsweise seinen Beamer reparieren lässt, bekommt er in dieser Zeit Ersatz. Wir haben daher ein ganzes Arsenal an Leihgeräten", so Tremmel. Er vermietet diese Leihgeräte während der EM. Auf dem Dorffest in Sankt Wolfgang steht ein Fernseher von Heuschneider, auch auf dem Isener Volksfest in der Urweißen-Hütte gibt es Public Viewing mit einem Leihgerät aus Dorfen. "Interessant wird es, ob Deutschland Gruppensieger wird oder nicht", sagt Tremmel. Da sich damit sämtliche Termine ab dem Achtelfinale entscheiden, werde es einige kurzfristige Buchungen geben. "Wir haben schon erlebt, dass das Halbfinale auf den Termin einer Firmenfeier fiel und extra ein Fernseher zum Fußballschauen gemietet wurde, weil sonst niemand gekommen wäre", erzählt Tremmel.

Ein Fernseher scheint essenziell zu sein in diesen Zeiten. Doch ebenso wichtig ist das Bier, denn Bier und Fußballfans gehören zusammen, mit Rotwein grölt es sich nicht so schön. Wie viel Bier gekauft wird, hängt vom Wetter ab, erklärt ein Mitarbeiter des Getränkehandels Kratzer aus Taufkirchen. "Bei Regen kommt kein Mensch ins Geschäft, und bei gutem Wetter knallt es." Das Wetter ist auch für die Metzgerei Stuhlberger in Wartenberg ein Umsatzbarometer. "Das Wetter ist eine Krux. Wenn es so unbeständig ist wie im Moment, verkaufen wir viel weniger", sagt Chef Ludwig Stuhlberger. Wenn die Sonne doch mal scheint, "sind Würstel der Renner", so Stuhlberger: Schweinswürstel und Käseknacker, kiloweise. Beliebt sind auch Schweinesteaks und dry aged-Beef, Rindfleisch, das an der Luft trocknen durfte und so bis zu 30 Prozent des Wassergehalts verloren hat. Dadurch schmeckt es besonders intensiv. "Das ist etwas für Feinschmecker", sagt Stuhlberger. Zubereitet wird alles natürlich auf dem Grill. Florian Heilmair, Fachverkäufer im Erdinger Hagebaumarkt, ist zuständig für die dortige Saisonware, also für die Grills. "Der Klassiker ist nach wie vor der Kugelgrill von Weber", sagt er. Für zehn Leute reiche der Grill locker, 15 bis 20 Gäste könne man mit einem Gasgrill bewirten. Doch Heilmair mahnt: "In Deutschland ist es verboten, die Gasflasche beim Grillen unter den Grill zu stellen, sie muss in ausreichender Entfernung zur Hitze stehen." Wer gerne grillt, aber etwas Neues ausprobieren möchte, kann sich am Burgerbraten versuchen: Mit einer speziellen Burgerpresse kann das Hackfleisch geformt werden. "Für EM-Partys sind außerdem Pizzasteine für den Grill sehr beliebt", so Heilmair. Man will gut essen und gut trinken und dabei auch noch gut aussehen. Doch viele finden 84,95 Euro für ein DFB-Trikot zu teuer: Leopold Gruber, Einkäufer im Gewandhaus Gruber, hat reagiert und die Trikots vom üblichen Marktpreis auf 69,99 Euro reduziert. Als zu teuer empfand Gruber die Trikots zuvor nicht, wie er sagt. "Wir konnten sie auch für 84,95 Euro verkaufen." Dass die Trikots doch reduziert sind, liege am deutschlandweiten Marktpreis, so Gruber. Der Ansturm auf die Trikots ist im Vergleich zur Fußballweltmeisterschaft 2014 aber geringer. "Die Stimmung ist gut, aber etwas gedämpfter", so Gruber. Die Ausschreitungen und Anschläge rund um die Europameisterschaft beunruhigen viele. "Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht: Je weiter die Nationalmannschaft im Turnier aufsteigt, umso mehr Trikots werden nachgefragt." Und wenn die Trikots nicht verkauft werden? Dann könne man die Dinger verbrennen, sagt Gruber. Denn egal, ob das Spiel nun 90 Minuten oder vier Wochen dauert - irgendwann ist es vorbei.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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