Warteraum Asyl in Erding:80 000 in drei Monaten

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Warteraum-Leiter Grönhagen informiert über die aktuelle Lage: Kaum jemand verweigert mehr die Registrierung, es kommen immer mehr Familien. Und er hat einen großen Wunsch an die Politik

Von Florian Tempel, Erding

"Heute hatten wir erstmals null Registrierungsverweigerer." Das trifft sich gut. Volker Grönhagen, der Leiter des Warteraums Asyl am Fliegerhorst Erding, kann Ewald Schurer genau das sagen, was er gerne hören möchte. Der SPD-Bundestagsabgeordnete, der am Freitag zusammen mit SPD-Kommunalpolitikern dem Warteraum eine Besuch abstattet, ist in Sachen Registrierung von Flüchtlingen seit wenigen Tagen kompromisslos: "Wir müssen zu hundert Prozent wissen, wer zu uns ins Land kommt", sagt Schurer, "ohne Wenn und Aber". 80 000 Menschen sind in den drei Monaten seit der Eröffnung des Durchgangszentrums am Fliegerhorst angekommen. Sie alle haben hier etwas zu Essen und Trinken bekommen, wurden vom Helferkreis mit warmer Kleidung versorgt und konnte sich einige Stunden ausruhen. Wenn nötig, bekamen sie medizinische Versorgung. Das alles, sagt Grönhagen, sei und bleibe die erste und wichtigste Aufgabe, die "der Bund" dem Erdinger Camp gestellt habe. Für die Menschen, die erschöpft an der bayerisch-österreichischen Grenze ankommen, müsse sicher gestellt werden: "Hier friert keiner, hier hungert keiner."

Gerade in diesen kalten Tagen ist das wichtiger den je. Nachdem in den ersten Monaten vorwiegend Männer ankamen, seien es nun vor allem größere Familiengruppen, sagt Grönhagen. Viele Frauen, immer mehr Ältere, die Hälfte der Ankommenden sind Kinder. Und: "Wir haben die Situation, dass der Gesundheitszustand der Leute schlechter wird", sagt Stefan Sturm vom Deutschen Roten Kreuz. Viele sind erkältet, manche haben offene Füße oder Ermüdungsbrüche.

Die Registrierung der Flüchtlinge ist die zweite Aufgabe, die am Fliegerhorst erfüllt werden soll - mit Namen, Alter, Familienstand, Herkunftsland und Heimatort, Fingerabdrücken und einem Foto. Diese Daten sind der Grundstock einer Vorakte, die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) für den späteren Asylantrag angelegt wird. Und sie werden an eine Datenbank des Bundeskriminalamts weitergesandt. Damit auch die Polizei weiß, wer nach Deutschland eingereist ist.

"Unsere Registrierungszahlen sind ganz gut", sagt Grönhagen, "aber wir können keinen zwingen." Im Schnitt weigerten sich in den vergangenen Woche jedoch nur noch "ein bis fünf Prozent" bei ihrer Erfassung mitzumachen. Warum? Der Beweggrund der Verweigerer sei nach wie vor, dass sie nicht in Deutschland bleiben, sondern weiter nach Skandinavien oder Holland wollten, sagt Grönhagen. Sie sähen in einer Registrierung das Risiko, dass man sie später zurück nach Deutschland schicken könnte.

Dass die Zahl der Unwilligen kleiner wird, am Freitag sogar bei Null lag, hat nach Ansicht der Camp-Leitung mehrere Gründe. Man rede viel mit den Leuten, versuche sie zu überzeugen und schaffe das auch immer öfter, sagt Grönhagen. Vor allem aber kriege es die Bundespolizei an der Grenze immer besser hin, dort schon diejenigen auszusortieren, die sich nicht erfassen lassen wollen. Grönhagens neue Stellvertreterin Nina Solke sieht noch einen anderen Grund. Die Flüchtlinge informieren sich gegenseitig. Die Botschaft, dass Deutschland auf eine Registrierung besteht und man sie besser nicht verweigern sollte, spreche sich herum.

Eines aber wäre nach Grönhagens Ansicht unbedingt hilfreich: "Es würde reichen, wenn ein, zwei Beamte der Bundespolizei bei uns wären." Er ist sich sicher, dass allein schon ihre Anwesenheit ein durchschlagendes Argument wäre, einen Unwilligen zu seiner Registrierung zu bewegen. Warum gibt es keine Bundespolizei im Fliegerhorst-Camp? "Wir verstehen das auch nicht - wir sagen es jedem Politiker, der zu uns kommt."

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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