Staatszuschuss ist nur der Mindestbetrag:Die Säulen bröckeln

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"Das reicht nicht aus": Es steht nicht gut um die Finanzierung des Erdinger Frauenhauses. Dessen Leiterin warnt aber davor, die Einrichtung nur wirtschaftlich zu betrachten

Von Thomas Daller, Erding

Die SPD wirft der Staatsregierung vor, Frauen in Not im Stich zu lassen. Doris Rauscher, Sozial- und familienpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, macht den Vorwurf explizit am Beispiel des Frauenhauses Erding fest, wo der Staatszuschuss pro Jahr gerade einmal 16 200 Euro betrage. "Das reicht nicht aus, um die Kosten für Unterbringung und Betreuung zu stemmen", warnt sie. "Die Frauenhäuser brauchen dringend mehr Geld für eine Aufstockung des Personals und die Ausstattung dieser lebenswichtigen Einrichtungen. Dafür reichen die staatlichen Fördersätze, die das letzte Mal im Jahr 2009 erhöht wurden, längst nicht aus."

Die Finanzierung des Frauenhauses steht auf drei Säulen. Es gibt zum einen den Staatszuschuss, der in Erding nur der Mindestbetrag ist. Dann gibt es den Anteil der Frauen, die im Frauenhaus wohnen und eine tägliche Miete von 10.40 Euro zahlen. Und dann gibt es noch den Tagessatz für die Betreuung von 128 Euro am Tag, der von den Landkreisen gezahlt wird, aus dem die jeweiligen Frauen stammen. Erding, Ebersberg und Freising haben sich dabei zu einem Verbund zusammengeschlossen, über den die beiden Frauenhäuser im Landkreis Erding und im Landkreis Freising finanziert werden. Der Landkreis Ebersberg verfügt über kein eigenes Frauenhaus; Ebersberg zahlt lediglich mit. Ohnehin wird bei der Belegung der Frauenhäuser meistens versucht, die betroffenen Frauen in einem Nachbarlandkreis unterzubringen, damit sie durch die räumliche Distanz besser vor ihren gewalttätigen Männern geschützt sind. Doch dieser Verbund bröckelt: Der Landkreis Freising hat zum 1. Januar 2018 die Vereinbarung mit dem Landkreis Erding gekündigt und beendet damit Ende 2017 die Erstattungen für das Erdinger Haus. Nach Angaben des Freisinger Landratsamtes geschah die Kündigung auf Anraten der Rechnungsprüfung, weil man sich damit 30 000 Euro pro Jahr erspare. Dieses Thema kam auch bei den Haushaltsberatungen im Kreistag am Montag dieser Woche zur Sprache. SPD-Fraktionssprecherin Ulla Diekmann hatte in ihrer Haushaltsrede die schlechte Personalausstattung des Erdinger Frauenhauses moniert und dabei dem Landtag Versäumnisse vorgeworfen. Aber auch der Landkreis dürfe sich "finanziellen Auswirkungen nicht verschließen", sagte Diekmann. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) wies bei seiner Entgegnung auf die Freisinger Kündigung der Vereinbarung hin und erläuterte, dass das Erdinger Frauenhaus im Vergleich zu dem im Landkreis Freising ein erheblich höheres Defizit habe. Da schwang deutlich der Vorwurf mit, dass man die Mittel auch sparsamer verwenden könnte.

Die nackten Zahlen könnten für diese Einschätzung sprechen: So betrug der Zuschussbedarf für das Erdinger Frauenhaus im Jahr 2015 nach Angaben des Erdinger Landratsamtes knapp 162 000 Euro. Für 2016 wurde ein Abschlag von 173 000 Euro geleistet. Zum Vergleich: Das Defizit des Freisinger Frauenhauses betrug im Jahr 2015 lediglich 69 000 Euro. Aber dafür gibt es laut Angela Rupp, der Leiterin des Frauenhauses Erding, eine einfache Erklärung: In Freising sei im Jahr 2015 eine Personalstelle unbesetzt geblieben. Hinzu komme auch noch, dass die Mietkosten des Frauenhauses im Landkreis Freising niedriger lägen als die des Frauenhauses Erding. In Erding ist laut Rupp übrigens der Landkreis Vermieter des Frauenhauses.

Rupp sagte, es könne nicht der neue Maßstab sein, dass man sich am Defizit eines Frauenhauses messen lasse, das personell unterbesetzt sei. Mit 1,5 Sozialpädagogenstellen betreue sie derzeit fünf Frauen und sieben Kinder. Hinzu komme dabei noch die ambulante Betreuung, präventive Angebote, Schulungen am Krankenhaus, die Arbeit mit Ehrenamtlichen und die Nachbetreuung. Ferner habe man neben einem Zehn-Stunden-Kontingent für die Verwaltung und ein paar Hausmeisterstunden noch eine halbe Stelle für eine Erzieherin, die sich um die Kinder kümmere, die oft unter ausgeprägten Störungsbildern litten. "Wenn wir Personal einsparen, werden wir unserem Klientel nicht mehr gerecht", sagte Rupp. Ein Frauenhaus könne man nicht nur wirtschaftlich betrachten.

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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