Sozialwohnungen:Handlungsunfähig

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Vor neun Jahren hat die Wohnungsbaugesellschaft im Landkreis letztmals Sozialwohnungen gebaut. Seitdem hat sich nichts mehr getan, da die Kommunen keine Grundstücke zur Verfügung stellen

Von Regina Bluhme, Erding

Die Wohnungsbau- und Grundstücksgesellschaft im Landkreis Erding (WBG) würde gerne soziale Mietwohnungen bauen. Die finanziellen Reserven sind da - doch es fehlen Grundstücke. Vor gut acht Wochen hat Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) alle Bürgermeister angeschrieben und um Unterstützung gebeten. Gemeinden, die ein freies Grundstück zur Verfügung stellen können, sollten sich melden. Bislang ist bei der WBG noch kein einziges Angebot eingangen.

"Wir wären bereit zu bauen, gar kein Thema", sagt Matthias Vögele, der Geschäftsführer der WBG. "An den Finanzen liegt es nicht." Die Reserven bewegten sich im "oberen sechsstelligen Bereich". Die Crux seien die fehlenden Grundstücke. "Da herrscht bei uns im Landkreis einfach eine extreme Nachfrage." Um auch Menschen mit geringem Einkommen mit Wohnungen versorgen zu können, brauche die WBG aber "günstigen Boden", also Grundstücke, die entweder von den Gemeinden unentgeltlich übertragen oder auf Erbpacht bereit gestellt werden. Dafür erhielten die Kommunen dann ein direktes Belegrecht, betont Vögele.

Ende der 90er Jahre ist die Wohnungsbau- und Grundstücksgesellschaft mit der Zielvorgabe gegründet worden, preisgünstige Wohnungen zu errichten. 17 der 26 Landkreisgemeinden sowie der Landkreis haben sich in der WBG zusammengeschlossen. Derzeit betreut die Gesellschaft circa 140 Wohnungen. "Die Mieten liegen knapp 20 Prozent unter dem ortsüblichen Preis", sagt Vögele. 2006 wurde die WBG letztmals bei einer Wohnanlage an der Karlsbader Straße in Erding tätig. Seitdem hat sich nichts mehr getan.

Dabei müssten angesichts der stetig steigenden Mieten im Landkreis "dringend neue soziale Mietwohnungen geschaffen werden", schreibt Landrat Bayerstorfer in seinem Brief an die Bürgermeister. Auf die Zuweisung einer bezahlbaren Wohnung warten laut seiner Auskunft derzeit 46 Wohnungssuchende beim Landratsamt und 155 bei der Stadt Erding.

Der Bestand an sozialen Mietwohnungen "ist in den letzten Jahren erheblich gesunken", schreibt Bayerstorfer weiter: Im Landkreis gibt es derzeit nur noch 672 Sozialwohnungen. 1990 waren es 1800 Wohneinheiten. "Ich hoffe auf eine positive Resonanz und Unterstützung", schließt der Landrat sein Schreiben.

Fragt man bei den Gemeinden nach, hofft Bayerstorfer vergebens. "Wir haben kein Kontingent an freien Grundstücken", sagt Pamela Kruppa, CSU-Bürgermeisterin von Moosinning. Im Gemeinderat war Bayerstorfers Brief erst kürzlich Thema. Doch alle seien sich einig gewesen, "dass bei uns gar nichts da ist", sagt Kruppa. Außerdem: "Im Rathaus melden sich vor allem Anrufer, die ein Baugrundstück suchen oder ein Haus kaufen wollen." Und falls in Moosinning einmal soziale Mietwohnungen entstehen sollten, "dann überlegen wir, ob wir nicht lieber selber bauen."

Auch in Pastetten sieht es nach Auskunft von Bürgermeisterin Cornelia Vogelfänger (CSU) ganz schlecht aus: "Wir haben keine freien Grundstücke." Das Problem hier: "Durch den Autobahnbau mussten die Landwirte Grundstücke abgeben, es war schwierig genug, für sie gleichwertige Mengen zurückzubekommen." Neuching kann der WBG ebenfalls kein geeignetes Grundstück anbieten. "Wir haben schon alles angeschaut, aber bei uns werden die Grundstücke als landwirtschaftliche Fläche im Außenbereich genutzt", erklärt Bürgermeister Hans Peis (CSU). In seiner Gemeinde seien allerdings auf einer ehemaligen Hofstelle mehrere Wohnungen geplant - zu ortsüblichen Mietpreisen. Ein größeres Wohnungsangebot könne auch helfen, den überhitzten Markt zu regulieren, glaubt Peis. Aus dem Rathaus in Oberding ist zu erfahren, dass die Angelegenheit gerade geprüft werde.

WBG-Geschäftsführer Vögele hat dann doch noch einen Anruf bekommen. Die Gemeinde Fraunberg hat zwar auch kein Grundstück gemeldet, ihn aber zu einem Infovortrag eingeladen. "Vielleicht tut sich doch noch was", sagt Vögele- die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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