Sinnflut-Bilanz:Mit blauem Auge davongekommen

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Drei verregnete, kalte Tage trüben die Bilanz der Organisatoren des Erdinger Festivals. Weil an den übrigen Tagen viele Menschen kommen, hält sich der finanzielle Schaden in Grenzen

Von Max Ferstl, Erding

Hätte Peter Feller vergangenen Mittwoch eine Wahl gehabt, er wäre zuhause geblieben. Zwölf Grad, Dauerregen. "Da legt man sich mit einem heißen Getränk auf die Couch", findet Feller. Jedenfalls wäre er nicht auf das Sinnflut-Festival in Erding gegangen, aber er hatte ja keine Wahl: Feller ist der Organisator. Verblüfft stellte er fest, dass er nicht der einzige auf dem Festgelände war. Auch einige Erdinger hatten sich gegen die Couch entschieden. Der große Ansturm blieb natürlich aus, wie schon am Montag und Dienstag. Deshalb zieht Feller nach dem Abschlusswochenende des Festivals eine durchwachsene Bilanz: "Es hat uns weggeschwemmt."

Er weiß natürlich, dass das Wetter zum Geschäft gehört. "Das Risiko gibt es bei einem Open-Air-Festival immer." Bei den vergangenen 23. Auflagen des Sinnflut Festivals hatte es auch ab und an geregnet. Aber dass es drei Tage am Stück wie aus Eimern gießt, "das kannten wir so noch nicht", klagt Feller. Am Mittwoch ging dann irgendwann nicht mehr viel: Auf dem Gelände entstanden große Pfützen, der Untergrund war matschig bis rutschig. Die Auftritte einiger Tanzgruppen mussten abgesagt werden. "Das hätte keinen Sinn gemacht. Die Verletzungsgefahr wäre zu hoch gewesen", betont Feller. Ansonsten zog man es durch, so gut es eben ging.

Selbst an gut besuchten Tagen gab es auf dem Sinnflut Festival kein Geschiebe und Gedränge. Die Organisatoren haben in diesem Jahr die Wege stark verbreitert, um zusätzlichen Platz zu schaffen. (Foto: Renate Schmidt)

Die Tage waren ja nicht nur nass, sondern auch kalt. "Die Kombination ist gnadenlos", findet Mitorganisator Börnie Sparakowski. Zum einen weil ohnehin nur die Hartgesottenen kommen. Zum anderen weil es selbst Hartgesottene bei zwölf Grad nicht unbedingt nach kühlem Bier dürstet. "Da will man etwas Warmes", sagt Feller, "Kaffee oder Tee". Beides gibt es auf dem Festival kaum. Entsprechend hat der Umsatz gelitten, wenn auch nicht in bedrohlichem Ausmaß. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", glaubt Feller. Tut zwar weh, bringt einen aber nicht um.

In einem normalen Jahr kommen ungefähr 100 000 Besucher zum Sinnflut Festival, in einem guten 150 000. Dieses Jahr war "eher ein normales", schätzt Feller. Die genaue Besucherzahl lasse sich jedoch kaum ermitteln, weil jeder kommen und gehen kann, wie er will. Fest steht: An den beiden Wochenenden, als die Sonne schien, waren so viele Leute da, dass die Organisatoren froh waren, die Wege in diesem Jahr "radikal verbreitert" (Feller) zu haben: "Man hatte nicht das Gefühl, durchgedrückt zu werden, obwohl es sehr voll war." Besonders am vergangenen Samstag wären viele gekommen - und geblieben.

Das könnte auch mit Ben Poole zusammenhängen. Der britische Blues-Sänger hätte schon vor einem Jahr mitwirken sollen, saß dann aber in Frankreich fest, weil nach dem Terroranschlag in Nizza die Ausreise nicht klappte. Diesmal hob er das Festival musikalisch auf ein neues Level: "Das war, von der Qualität her, ein brutales Highlight", findet Feller. "Der covert nix, spielt nur eigene Sachen - eine richtig tolle Geschichte." Poole sah das offenbar genauso. Er blieb nach seinem Auftritt noch lange sitzen. "Bis zum Schluss", erzählt Sparakowski stolz. "Er meinte: So eine Atmosphäre wie hier erlebt er selten. Und er spielt wirklich auf vielen Festivals. Das bestärkt uns." Im kommenden Jahr feiert das Sinnflut Festival 25. Jubiläum. "Wir werden uns etwas besonders einfallen", verspricht Feller. Es soll sich lohnen, von der Couch aufzustehen. Auch wenn es regnet.

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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