Sicherheit auf den Erdinger Straßen:Ausgebremst

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Der Verkehr im Landkreis nimmt stetig zu und damit auch die Zahl der Unfälle. Verletzte aber gibt es immer weniger - auch Dank der Erdinger Unfallkommission

Von Mathias Weber

Erst vor gut einem Monat ist es wieder passiert. Eine Frau, 79, war auf der Flughafentangente Ost (FTO) unterwegs, plötzlich geriet sie auf die linke Spur. Das erste entgegenkommende Auto konnte noch ausweichen, mit dem nächsten ist sie kollidiert. Die Rettungsdienste konnten ihr nicht mehr helfen, die Frau starb.

Auf der viel befahrenen FTO passieren ständig Unfälle, und immer wieder muss die Erdinger SZ die Meldung abdrucken, dass dabei auch Menschen umgekommen sind. Keine Frage: Die Flughafentangente ächzt unter der großen Verkehrsbelastung, und wo viel Verkehr herrscht, da passieren auch viele Unfälle. Deswegen dürfte die FTO auf der Unfallkarte ganz dick markiert sein, die bald wieder von drei Personen studiert wird: Alfred Neudecker von der Verkehrsbehörde im Erdinger Landratsamt, Melanie Jung vom Freisinger Straßenbauamt und Alfons Engelmeier von der Erdinger Polizei.

Die drei bilden die sogenannte Unfallkommission des Landkreises Erding. Die Kommission gibt es schon 15 Jahre, damals wurde vom bayerischen Innenministerium verfügt, dass eine solche Unfallkommission in jedem Landkreis eingesetzt werden soll - heute gibt es 107 von ihnen. Trotzdem: In der Öffentlichkeit werden diese Gremien kaum wahrgenommen. Obwohl ihre Arbeit jeden Tag direkt und indirekt Tausende von Autofahrern im Landkreis Erding betrifft. Neudecker, Jung und Engelmeier wollen den Verkehr sicherer machen, für alle Verkehrsteilnehmer.

Die Vertreter der drei Ämter und Behörden sind ständig untereinander in Kontakt und wissen aus dem Alltag schon ungefähr, wo sich die Unfallschwerpunkte im Landkreis befinden. Vor knapp 15 Jahren gab es noch 20 dieser Unfallschwerpunkte, heute kaum mehr als zehn. Und obwohl es heute bei Weitem mehr Unfälle im Landkreis gibt als noch vor zehn Jahren (weil die Zahl der Fahrzeuge im Landkreis Erding stetig zunimmt) - die Zahl der Verletzten im Straßenverkehr nimmt ab. Das führt die Unfallkommission auch auf ihre Arbeit zurück.

Die Kommission kümmert sich in erster Linie um das sogenannte übergeordnete Netz: also Bundesstraßen, Staats- und Kreisstraßen. Gemeinde- und Ortsverbindungsstraßen sind meistens Sache der Kommunen, aber auch hier ist die Expertise der Kommission durchaus erwünscht. Sie hat es tatsächlich in der Hand, sehr schnell Verbesserungen im Straßennetz herbeizuführen - kleine und auch große. Da kann kurzfristig zum Beispiel ein grüner Rechtsabbiegepfeil angeschraubt werden, oder vor Bäumen, an denen immer wieder Autos verunglücken, wird eine Leitplanke aufgestellt. Oder Überholverbote werden ausgesprochen und Geschwindigkeitsbeschränkungen eingeführt, wie es auch auf der Flughafentangente geschehen ist. Das geht dann schnell, und die Kommissionsmitglieder können sich freuen, dass ihre Arbeit den Verkehr sicherer macht.

(Foto: SZ-Grafik)

Aber, sagen sie, nicht immer geht es so schnell - und dann wird die Arbeit frustrierend. Auf der FTO zum Beispiel passieren immer noch Unfälle, und bis wie angekündigt nicht zusätzliche Fahrspuren gebaut werden, wird sich das auch nicht ändern. An einem anderen Punkt, nördlich von Erding, hat sich aber mittlerweile etwas geändert: auf der Staatsstraße 2331 von Langengeisling nach Berglern. Eigentlich nur eine kleine, unbedeutende Ortsverbindungsstraße, aber eben auch ein beliebter Schleichweg zum Flughafen. Der Verkehr hat dort stetig zugenommen und damit auch die Zahl der Unfälle. An der Kreuzung mit der Straße, die Tittenkofen und Eichkofen miteinander verbindet, sind sogar immer wieder Autofahrer ums Leben gekommen, über Jahre hinweg. Für die Unfallkommission war der Fall klar: Hier muss die große Lösung her, ein Kreisel. Weil sich die Verhandlungen mit den umliegenden Grundstücksbesitzern aber so lange hingezogen haben, hat es zehn Jahre gedauert, bis der Kreisel fertig war. Jetzt aber fließt der Verkehr endlich, ohne große Zwischenfälle. Die Statistiken der Polizei zeigen, dass die Zahl der Unfälle im Landkreis insgesamt zugenommen hat - das ist die schlechte Nachricht. Die gute aber: Die Zahl der Menschen, die bei Unfällen zu Schaden kommen und sich verletzen, die ist gesunken: auf nur noch 798 im vergangenen Jahr bei fast 4200 Unfällen insgesamt. Die Gründe sind vielfältig: Die Autos werden immer sicherer, die Straßen werden besser und die Fahrer offenbar auch vernünftiger. Unfälle unter Alkoholeinfluss etwa nehmen stetig ab, ebenso wie Unfälle, die auf zu hohe Geschwindigkeit zurückzuführen sind (siehe Grafik). Das sind Zahlen, die die Unfallkommission in ihrer Arbeit bestätigen.

Aber es gibt auch eine Zahl, die lässt sich wohl nicht weiter drücken. Die Zahl der Menschen nämlich, die im Erdinger Straßenverkehr ihr Leben verlieren. In den Siebzigerjahren lag sie zwar noch bei etwa 40 Toten im Jahr, im vergangenen Jahrzehnt waren es immer um die zehn Personen, die umkamen. Weniger aber wurden es nicht. Die Mitglieder der Unfallkommission überrascht das nicht: Man könne noch so gute Voraussetzungen auf der Straße schaffen, aber wenn jemand mal nicht aufpasst, dann helfe die ganze Vorsorge nichts. Das sei tragisch, aber ändern könne man das nicht.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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