Selbstverteidigung:Die Erdinger rüsten auf

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Reizgas und Schreckschusspistolen beschwören unnötige Gefahrensituationen herauf, warnt Erdings Polizeichef Altmann. (Foto: dpa)

Schreckschusspistolen oder Reizstoffe sind gefragt wie nie - die Polizei sieht das kritisch

Von Judith Issig, Landkreis

Immer mehr Bürger aus dem Landkreis Erding haben das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. Sie haben im Jahr 2015 mehr also doppelt so viele sogenannte kleine Waffenscheine beantragt wie im Vorjahr. Im vergangenen Jahr hat das Landratsamt Erding 54 dieser kleinen Waffenscheine ausgestellt, 2014 waren es nur 22 gewesen, im Jahr 2013 sogar nur deren 16.

Der kleine Bruder des Waffenscheins erlaubt dem Besitzer, Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit sich zu führen. Vorausgesetzt, die Waffen sind mit dem sogenannten PTB-Zeichen gekennzeichnet, dem Siegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Den kleinen Waffenschein darf jeder beantragen, der mindestes 18 Jahre alt ist. Einzige Voraussetzung ist, dass er persönlich geeignet und zuverlässig ist. Das prüft das Landratsamt: Wer keine Eintragungen im Bundeszentralregister und sich bisher gesetzestreu verhalten hat, bekommt den Waffenschein in der Regel auch. 100 Euro kostet die Erlaubnis in Erding.

Im Unterschied zum großen Waffenschein müssen die Antragsteller nicht begründen, warum sie den kleinen Schein benötigen. Das Landratsamt kann daher keine Angaben dazu machen, aus welchen Gründen immer mehr Bürger aus dem Landkreis finden, sie bräuchten eine Schreckschusspistole oder ein Spray zu ihrer Verteidigung.

Anton Altmann jedenfalls, Erdings Polizeichef, hält das nicht für nötig. "Erding ist sicherlich einer von den sicheren Landkreisen, in ganz Bayern ist das Leben relativ sicher", erklärt er. Wer Schreckschusspistolen oder Signalwaffen mit sich trage, der bringe sich und andere nur unnötig in eine Gefahrensituation, sagt Altmann: "Wenn wir zu einer Auseinandersetzung gerufen werden, bei der eine Waffe im Spiel ist, können wir nicht unterscheiden, ob es sich um eine Schreckschusswaffe oder eine richtige, scharfe Waffe handelt." Das mache die Situation kritischer, als sie möglicherweise sei. Tatsächlich sehen die Schreckschusswaffen den scharfen Waffen zum Verwechseln ähnlich - lediglich das kleine PTB-Zeichen macht den äußerlichen Unterschied aus.

Meistens trügen die kontrollierten Personen aber ohnehin höchstens ein Pfefferspray oder ein Messer mit sich. Bei den Polizeikontrollen falle auch nicht auf, dass die Erdinger sich zunehmend mit kleineren Waffen zur Verteidigung ausstatten, sagt Altmann. Er sehe das auch nicht gerne: "Je weniger solche Waffen mitgeführt werden, desto weniger passiert, desto sicherer ist es bei uns."

Immerhin, die Erdinger sehen keinen Grund, größere Kaliber aufzufahren. Keinen einzigen "richtigen" Waffenschein für scharfe Schusswaffen hat das Landratsamt Erding im vergangenen Jahr ausgestellt.

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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