Schüsse im Revier:Wilderer treiben sich in den Wäldern herum

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"In allen Hegeringen gibt es Klagen, dass die Verdachtsfälle zunehmen", sagt der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes Erding, Thomas Schreder. Kurz vor Weihnachten sei auch illegales Wildbret gefragt

Von Thomas Daller, Erding

Im Landkreis Erding wird wieder gewildert: Thomas Schreder, Vorsitzender des Kreisjagdverbandes Erding, hört derzeit aus allen Hegeringen Klagen, dass die Verdachtsfälle zunehmen. Dabei handelt es sich um verletztes Wild oder um den Knall von Schüssen, der nicht einem Jäger zugeordnet werden kann. "Das ist in vielen Revieren spürbar", sagte Schreder, "auch wenn wir bislang noch keine nachgewiesenen Fälle haben."

Das Thema Wilderei macht derzeit vor allem im Landkreis Starnberg die Runde, wo offenbar kommerziell gewildert wurde, und in Ebersberg, wo es um Keilertrophäen geht. Aber auch im Landkreis Erding häufen sich die Verdachtsfälle. "Ich habe mit allen Hegeringleitern gesprochen", sagte Schreder, "aus allen wurde mir davon berichtet." Es sei ein "sehr ungutes Gefühl", wenn man im Wald ansitze und dann aus einer Richtung einen Schuss höre, wo sich kein Jäger befinde.

"Das können wir nicht hinnehmen", sagte Schreder. Es handele sich weder um ein Kavaliersdelikt noch könne man wie in alten Zeiten von Nahrungsbeschaffung ausgehen, als Nahrung knapp war. Insbesondere in den vergangenen Wochen hätten diese Verdachtsfälle zugenommen. Das hänge wohl auch damit zusammen, dass die landwirtschaftlichen Flächen alle abgeerntet seien und man das Rehwild nun leichter sehen könne, weil es außerhalb des Waldes kaum Deckung finde. Hinzu komme auch, dass vor Weihnachten der Wildbretabsatz in die Höhe gehe, weil Wild als Festtagsbraten gefragt sei. "Rehe sind leichte Beute. Man fährt mit dem Fahrzeug an den Waldrand, öffnet das Fenster und schießt vom Wagen aus", skizziert Schreder das Vorgehen. Wenn das Tier tödlich getroffen ist und zusammenbricht, nimmt es der Wilderer mit. Wenn es verletzt davonläuft, macht er sich jedoch nicht die Mühe, es mit einem Hund aufzuspüren, um ihm den Fangschuss zu geben. "Die nehmen billigend in Kauf, dass die Tiere verletzt werden, das hat mit Jagd nichts zu tun", sagte Schreder.

Hinzu komme, dass die Wilderer offenbar keine üblichen Jagdwaffen verwenden, sondern kleinere Kaliber, die leiser sind. Oftmals handele es sich um alte Zimmerstutzen oder selbst gebastelte Wildererwaffen, manchmal auch Armbrüste. Diese Waffen hätten oftmals nicht die notwendige Energie, um ein Tier zu erlegen.

Schreder sagte, aktuell gehe es darum, die Jäger dafür zu sensibilisieren, dass wieder mehr gewildert werde. "Wir sehen uns als Anwalt des Wildes", betonte er. Deswegen müsse man dagegen etwas unternehmen. Das könne beispielsweise in Form von mehr Wildkameras an Wildwechseln sein. Mit so einer Kamera wurde vor kurzem im Ebersberger Forst ein mutmaßlicher Wilderer fotografiert. Der Mann trug Tarnkleidung, Sturmhaube und war mit einer Armbrust bewaffnet. Identifiziert werden konnte er jedoch nicht. Dort sind seit den Sommermonaten drei geköpfte Wildschweine gefunden worden, offenbar ist der Wilderer nur hinter den Keilerköpfen her, die als Trophäen dienen.

Auch bei Wildunfällen habe es in jüngster Zeit Fälle von Wilderei gegeben, ergänzte Schreder. Denn dieser Straftatbestand liege nicht allein vor, wenn man ein Tier schieße, sondern bereits, wenn man sich das Fleisch aneigne. Er erinnert sich an einen Fall, bei dem der Autofahrer, dem ein Reh in den Wagen gelaufen sei, den Wildunfall gemeldet habe. Als die Polizei den Jäger an besagte Unfallstelle geschickt habe, sei jedoch nur das Fell, die Rehdecke, der Kopf und die Innereien noch vorhanden gewesen. "Irgendjemand, der wusste, wie man das macht, hat das Tier aufgebrochen und das Fleisch mitgenommen." Auch dabei handele es sich um Wilderei, betonte der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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