Regionaltreffen der IHK:Ernüchterung bei Arbeitgebern

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Qualifizierte Fachkräfte sind unter Flüchtlingen eher weniger anzutreffen. Vor allem mangelnde Deutschkenntnisse erschweren eine Ausbildung. Unternehmer klagen zudem über bürokratische Hindernisse

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Unternehmer in den Landkreisen Erding und Freising sind ernüchtert, was den Einsatz von Asylbewerbern als Arbeitskräfte und Lehrlinge betrifft. Zu sehr sind mangelnde Deutschkenntnisse und unterschiedliche Ausbildungsniveaus Hindernisse. Auch schwingt bei vielen Arbeitgebern die Furcht mit, dass sie viel Energie für die Ausbildung eines Flüchtlings aufwenden und dieser zuletzt dann ausgewiesen wird. Dies zeigte sich beim Regionalausschusstreffen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erding-Freising.

Monja Rohwer, Geschäftsführerin des Jobcenters Erding, hatte, was die Integration von Flüchtlinge betrifft, zumindest ein paar Tipps. Wen die Frage quäle, ob seine neue Arbeitskraft bleiben dürfe, könne sich an den "Top 5" der Bewerbernationen orientieren. Wer aus Irak, Iran, Syrien, Somalia oder Eritrea komme, habe eine fast 100-prozentige Chance auf Anerkennung. Auf 50 zu 50 sinke sie aber bei Flüchtlingen aus Afghanistan. Entscheiden würde die Ausländerbehörde vor Ort. "Es gibt Fälle, in denen der Flüchtling sogar einen Ausbildungsvertrag hatte, aber die Behörde sagte, er wird nicht geduldet, und ihm die Arbeitserlaubnis entzog." Sowohl in Erding wie in Freising stellen Syrer, gefolgt von Flüchtlingen aus Eritrea das größte Kontingent, das beim Jobcenter betreut wird. Nach den großen Flüchtlingsankünften 2015 pendelt sich laut Rohwer die Zahl der Flüchtlinge bei rund 20 im Monat in Erding ein, in Freising liege die Zahl geringfügig darüber. Rund 1300 würden noch im Verfahren sein.

Was sich nicht gezeigt habe, sei, dass ein großes Potenzial an qualifiziertem Fachpersonal nach Deutschland komme. "Das mag in Einzelfällen sein, aber die Realität sieht anders aus. Wir haben Probleme mit der Anerkennung von Schul- und Berufsabschlüssen. Dazu kommen die mangelnden Sprachkenntnisse." Viele Flüchtlinge müssten sogar erst einmal einen elfmonatigen Alphabetisierungskurs machen. Auch mit den einfachen Deutschkursen seien nur Hilfsjobs möglich, aber man könne keine Ausbildung anfangen. "Alles unter B1 ist hanebüchen", sagte Herbert Neumaier von der Agentur für Arbeit Erding.

Bernhard Reiml vom Jobcenter Freising mahnte, nicht die Fehler der Vergangenheit bei den Gastarbeitern zu wiederholen. "Sprache ist das A und O." Ohne Ausbildung werde es schwer für Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt. Doch die Motivation zur Ausbildung werde oft erschwert durch den Druck, Schulden aus der Flucht zu bezahlen. Vielen gehe es zuerst ums Geldverdienen. Auch bei den Deutschkursen gebe es Unterschiede bei der Qualität, das hänge auch vom Träger ab. Vor einer Ausbildung prüfe das Jobcenter lieber noch einmal das Niveau. Leider würden während des Asylverfahrens die Kurse nicht forciert. Im Landkreis Erding müssten immer noch einige nach München zu Kursen fahren.

Die Unternehmer von kleineren oder mittleren Unternehmen sehen sich angesichts der sprachlichen und kulturellen Unterschiede überfordert. "Das Problem wird sich nicht in Luft auflösen. Es müssen beide Kompromisse machen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer", sagte der stellvertretende IHK-Vorsitzender Otto Heinz aus Moosburg. Doch auch von bürokratischen Hindernissen wurde berichtet. Beispielsweise würden die nationalen Führerscheine der Flüchtlinge nach sechs Monaten ihre Gültigkeit verlieren. Der Mitarbeiter müsste dann vielleicht anders eingesetzt werden, das sei ein "Rückschlag" für den Flüchtling. "Zum geeigneten Bewerber gehört eine Portion Aufwand dazu, um alles in der Praxis umzusetzen. Dazu gehören Themen wie Führerschein oder Sicherheitsunterweisungen. Das ist alles nicht zu unterschätzen", sagte Heinz. Auch wenn den Jobcentern und Agenturen für Arbeit mittlerweile ein großes Angebot an Förderinstrumenten zur Verfügung stehen würde.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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