Personaldebatte:Querelen in der Baugenossenschaft

Lesezeit: 2 min

OB Max Gotz will vermitteln, um eine Führungskrise zu vermeiden. Der Aufsichtsrat und ein Vorstandsmitglied konnten sich über eine Vertragsverlängerung nicht einigen

Von Philipp Schmitt, Erding

Die Baugenossenschaft Erding ist gebeutelt von internen Querelen: Bei der Hauptversammlung am Montag in der Stadthalle stoppte OB Max Gotz (CSU) eine Diskussion über den auslaufenden Vertrag für Vorstandsmitglied Sonja Kienle und bot sich als Vermittler an. Es gebe offenbar erhebliche Verwerfungen, sagte Gotz der SZ am Dienstag. Er will die Parteien noch vor der Sommerpause zu einem Gespräch ins Rathaus bitten. Kienles Vertrag läuft Ende Juni aus, sie hatte einen Drei-Jahres-Vertrag gefordert, der Aufsichtsrat wollte ihn nur für ein Jahr verlängern. Ihr Kerngeschäft hat die Baugenossenschaft offenbar aber gut erledigt: Der Bilanzgewinn ist auf 180 084 Euro bei einer leicht rückläufigen Bilanzsumme von 23,3 Millionen Euro und einem Jahresüberschuss von 358 452 Euro (2016: 487 000 Euro) gestiegen.

Der Immobilienmarkt in Erding ist heiß umkämpft, günstiger Wohnraum ist wegen der Wachstumsdynamik kaum zu finden, Bauland- und Mietpreise schnellen in die Höhe. In diesem Umfeld spielt die 1922 gegründete Baugenossenschaft Erding als einer der größten Wohnungsanbieter der Stadt - sie betreut fast 1200 Wohnungen - als stabilisierender Faktor eine wichtige Rolle. Am Montag präsentierten die Vorstandsmitglieder Sonja Kienle und Matthias Lindmayer eine gute Bilanz 2017. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) würdigte die Arbeit der Baugenossenschaft. Sie errichtet im Baugebiet südlicher Thermengartens 16 Wohnungen. Die Erschließungsarbeiten hätten bereits begonnen.

Die Bilanz 2017 könne sich sehen lassen, betonten Lindmayer und Kienle. Schulden wurden reduziert, das Eigenkapital und die Eigenkapitalquote (39 Prozent) wurden verbessert. Innerhalb von zehn Jahren wurden 9,8 Millionen Euro in neue Projekte und 4,8 Millionen Euro in Sanierungen investiert und das Eigenkapital verdoppelt. 2017 wurde viel Geld für Rauchmelder ausgegeben und die EDV umgestellt. Die Betriebskosten sind konstant geblieben, während die Ausgaben für Instandhaltung gestiegen seien. Verbindlichkeiten wurden 2017 um 645 000 Euro auf 13,3 Millionen Euro reduziert. Mieterhöhungen nach Sanierungen sorgen jedoch häufig für Ärger, der Ton werde rauer, sagte Lindmayer. Lindmayer ist seit zwölf und Kienle seit zehn Jahren im Vorstand. Helmut Berther, früher lange im Vorstand, hatte beide Vorstände in Schutz genommen und gesagt, sie hätten "enorm viel geleistet".

Die internen Probleme führten bei der Versammlung zu einem ruhig geführten verbalen Schlagabtausch zwischen der Aufsichtsratsvorsitzenden Eva Kolenda und Sonja Kienle. Öffentlich thematisiert hatte diesen Konflikt als erster Helmut Berther, früheres Vorstandsmitglied und Vater von Sonja Kienle. Er sprach die Vorgehensweise des Aufsichtsrats an; seinem Antrag, dem Aufsichtsrat die Entlastung zunächst zu verweigern, folgten die Mitglieder jedoch nicht. Eva Kolenda fand die öffentliche Debatte über nichtöffentliche Entscheidungen des Aufsichtsrates zwar nicht fair, wie sie sagte, sie sehe den Vorstand auch nach dem Ende des Vertrags mit Kienle am 30. Juni als handlungsfähig. Bis ein neues Vorstandsmitglied gefunden worden sei, solle drei bis fünf Monate eine andere Person aus der Baugenossenschaft für die erforderliche zweite Unterschrift sorgen.

Trotz eines Workshops zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand mit Experten des Verbandes der Wohnungswirtschaft VDW seien die fünf Aufsichtsratsmitglieder mit der Kommunikation nicht zufrieden gewesen, sagte Kolenda: "Wir haben alles versucht." Kienle sei ein Jahresvertrag angeboten worden, doch sie habe gekündigt. Kienle sagte, ein Gespräch habe es nicht gegeben zu ihrer Forderung nach einem Drei-Jahres-Vertrag. Sie räumte ein, "dass vielleicht auf beiden Seiten nicht alles optimal gelaufen ist". Matthias Lindmayer sprach von einer "traurigen Entwicklung", weil das Team gut zusammengearbeitet habe.

Zum Baugebiet Südlicher Thermengarten fügte er an, dass die Verträge noch nicht unter Dach und Fach seien, dass aber möglichst zügig mit dem Bau der 16 Wohnungen gestartet werden solle. Als Nachrücker für ein Aufsichtsratsmitglied, das sich aus gesundheitlichen Gründenzurückgezogen hat, wurde Thomas Kronseder, seit 2002 Leiter des Hochbauamts der Stadt Erding, als sechstes Aufsichtsratsmitglied neu gewählt.

© SZ vom 20.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: