Neujahrsempfang der SPD:Plädoyers gegen diffuse Ängste

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In der Erdinger Stadthalle fordern die Redner eine harte Bestrafung straffälliger Asylbewerber. Die Flüchtlinge dürften aber nicht unter Generalverdacht gestellt und dem "Mob ausgesetzt" werden

Von Philipp Schmitt, Erding

"Lassen Sie uns gemeinsam mehr Demokratie wagen, dann bin ich überzeugt, dass wir in eine gute Zukunft blicken werden": Mit diesem Motto frei nach Willy Brandt rief der Kreisvorsitzende Martin Kern beim Neujahrsempfang der SPD in der Stadthalle dazu auf, die von der Flüchtlingswelle dominierten Herausforderungen offensiv anzugehen. Die Asyldebatte war in den Reden von Kern, Ulla Dieckmann, Gertrud Eichinger sowie Ewald Schurer und Martin Güll das zentrale Thema des Abends, wobei in der Flüchtlingsfrage der Zusammenhalt und Grundkonsens "aller demokratisch legitimierten Parteien" nicht nur im Landkreis, sondern auf Landes- und Bundesebene gefordert wurde. Denn nur im Schulterschluss und mit gemeinsamer Anstrengung könne die heikle Zuwanderungsfrage gelöst werden, hieß es dazu unisono.

Die SPD-Politiker würdigten in diesem Kontext das "sensationelle Engagement" der vielen ehrenamtlichen Helfer in Erding, die den häufig durch Krieg und Flucht traumatisierten Menschen durch den freundlichen Empfang die Integration erleichtert hätten. Die SPD-Politiker machten klar, dass die Sozialdemokraten bei der Asyldebatte weiter am uneingeschränkten Asylrecht und der Willkommenskultur festhalten wollen. Allerdings müssten 2016 Konzepte und Maßnahmen zur Integration gefunden und rasch umgesetzt werden, um "aus der Flüchtlingskrise eine Erfolgsstory zu machen", wie der als Festredner eingeladene bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Martin Güll, sagte. Die stellvertretende Landrätin Gertrud Eichinger bezeichnete das Grundrecht auf Asyl als "unantastbares Menschenrecht", an dem die SPD trotz der Flüchtlingsströme und der daraus resultierenden Herausforderungen festhalten wolle. Ulla Dieckmann zeigte sich zuversichtlich, dass die überwiegend positive Stimmung im Landkreis gegenüber Flüchtlingen auch trotz der massiven Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und den Anschlägen von Paris bis Istanbul in Deutschland auch 2016 "nicht kippen wird". Um diffusen Ängsten und dem Gefühl der Verunsicherung entgegenzuwirken und die innere Sicherheit zu wahren, müssten aber mehr Polizisten eingestellt werden. Straffällige Asylbewerber müssten hart bestraft werden. Die Flüchtlinge dürften aber nicht unter Generalverdacht gestellt und dem "Mob ausgesetzt" werden. Den Menschen müsse "frei von Vorurteilen und mit Würde begegnet werden", sagte die SPD-Fraktionssprecherin im Kreistag. Kern fügte an, dass die Diskussion über eine gezielte Ansiedelung von Ausländern nicht neu sei, sondern dass Zuwanderung auch in früheren Epochen eine große Rolle gespielt habe. Inzwischen sei anders als noch vor einigen Jahrzehnten klar, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei und auch aufgrund des demografischen Wandels Zuwanderung brauche. Allerdings müsse eine Vision entwickelt werden, wie die sich verändernde Gesellschaft in 20 Jahren aussehen solle. Die SPD wolle einerseits am Asylrecht festhalten, müsse aber andererseits versuchen, die Flüchtlingszahlen zu senken. Auf der einen Seite solle in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft die freie Ausübung von Religionen ermöglicht werden, auf der anderen Seite müsse aber mit aller Härte gegen Grundwerte bedrohende Ideologien und Fanatismus vorgegangen werden.

Der für Erding und Ebersberg zuständige Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer nahm bei der Asyldebatte den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Angriffen der Schwesterpartei CSU in Schutz. Die SPD stehe in dieser Frage in der schwarzroten Bundesregierung hinter der Kanzlerin. Es sei 2015 ein "unendlich humanitärer Akt" der Kanzlerin gewesen, die an den Grenzen gestrandeten Flüchtlinge nach Deutschland zu holen. Allerdings seien die Folgen mit 1,1 Million Flüchtlingen im Jahr 2015 enorm, Deutschland sei "nun in einer sehr schwierigen Situation", räumte Schurer ein. Künftig könnten nur noch die wirklich Asylbedürftigen aufgenommen werden, sagte Schurer.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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