Mitten in Walpertskirchen:Kurioser Marienkult

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Signore Caputa scheint einen besonders guten Draht zur Muttergottes zu haben

Von THOMAS DALLER

Auf der Deutschlandkarte jener Orte, an denen bislang Marienerscheinungen stattgefunden haben sollen, war der Landkreis Erding immer ein weißer Fleck. In München soll sie nach Angaben des katholischen Weltbild-Verlags schon gesehen worden sein, ebenso in Pocking, Straubing, Kößlarn und Fischbachau. Aber in der ganzen Region dazwischen: nada, niente. Am Karsamstag soll es dann aber soweit gewesen sein, und zwar bei einer Privatkapelle eines Ehepaares in Walpertskirchen. Das berichtete zumindest die Münchner Boulevardzeitung tz in der Ausgabe vom Montag, 4. April. Mehrere hundert Gläubige seien dorthin gepilgert, denn die Marienerscheinung war auch noch angekündigt. Es handelte sich dabei um das Gefolge des selbsternannten italienischen Sehers Salvatore Caputa, der ebenfalls zugegen war. Dieser Signore Caputa scheint einen besonders guten Draht zur Muttergottes zu haben. Bereits seit 1986 erscheine sie ihm. Und sie folgt ihm auf Schritt und Tritt. Wo er hinkommt: Zack! Marienerscheinung! Sie laufe barfuß auf einer Wolke rum, trage gerne blaues, weißes oder rosafarbenes Gewand, habe schulterlanges Haar und könne sogar die Augenfarbe wechseln - das scheint so ein Allianz-Arena-Effekt zu sein. Die Jungfrau Maria übermittele ihm zudem Botschaften, die er aufschreibe. Wobei er sich mit dem Schreiben schwer tue, weil er vom Land komme und nur die Pflichtschule besucht habe.

Skeptiker mögen an dieser Stelle einwenden, dass außer Caputa noch niemand diese Vision gesehen habe. Aber davon lassen sich seine Anhänger nicht verunsichern. Wenn der 67-jährige Ex-Polizist in Verzückung gerät, hat sich ihm die Mutter Gottes wieder gezeigt und damit basta. Blöderweise gehört auch die Katholische Kirche zu diesen Skeptikern: Sie stellt ihm als Orte für seine Marienerscheinungen auch keine Kirchen zur Verfügung. Das ficht Herrn Caputa aber nicht an, schließlich gibt es ja noch jede Menge Privatkapellen; am besten sind solche mit einem eigenen Brunnen oder einer eigenen Quelle. So wie beispielsweise in Bad St. Leonhard in Kärnten. Dort lädt Caputa jeweils im Frühjahr und Herbst zu einer Marienerscheinung ein und anschließend kann man sich das "Gnadenwasser" abfüllen, das die Gottesmutter geweiht haben soll. Das hilft gegen alles, ob Hörsturz oder Bandscheibenvorfall. Auch bei der kleinen Kapelle in Walpertskirchen gibt es einen alten Brunnen, der nach einer Erscheinung wundersam kontaminiert wäre. Deshalb hat die Verwaltungsgemeinschaft Hörlkofen, zu der Walpertskirchen gehört, den Brunnen vorsorglich untersuchen lassen, als sie Wind von der geplanten Veranstaltung bekam. Dabei ging es jedoch nicht darum, ob es sich um ein Heilwasser handele, denn so eine Wirkung könne sowieso nicht nachgewiesen werden. Nein, es ging um den Keimgehalt des alten Brunnenwassers. Ob man damit Krankheiten loswird, sei dahingestellt. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass man sich davon erst eine einfängt.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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