Mitten in Erding:Kapitale Gutmenschen

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Mit Wollen alleine ist es nicht getan, man muss es schon auch draufhaben

Von Antonia Steiger

Das Gutmenschentum ist in Verruf geraten, das ist nicht nur sehr bedauerlich, sondern auch total unverständlich. Denn wer will nicht lieber ein guter als ein böser Mensch sein? Oder wenigstens für einen guten Menschen gehalten werden? Zwar hat sich erst vor wenigen Tagen Stefanie Hagl, die Erdinger Ortsvorsitzende der Jungen Union, wieder einmal abfällig über so genannte Gutmenschen geäußert und dabei auf die Grünen gezielt, die sich mit der Asylpolitik des Erdinger CSU-Landrats Martin Bayerstorfer nicht abfinden wollen und jetzt dafür eintreten, dass den Flüchtlingen Bargeld statt Gutscheine für Kleidung ausgehändigt wird. Hagl hat jedoch übersehen, dass selbst in ihrer eigenen Partei kapitale Gutmenschen vertreten sind, ja sogar in ihrer eigenen Stadtratsfraktion, wo sich der Wille zur guten Tat jedoch nur in einem äußerst eng gezogenen Radius Bahn bricht.

Als oberster Gutmensch trat Fraktionssprecher Jakob Mittermeier kürzlich in Erscheinung, der auf eine Weise, die der CSU so leicht keiner nachmacht, Gutmenschentum mit politischem Kalkül zu verbinden weiß: Die Freien Wähler hatten zuvor beantragt, dass es in Pretzen für die dortigen Bürger eine weitere Anschlagtafel geben soll. Mittermeier erwiderte, das sehe er ganz genau so. Damit nicht genug: Die Erdinger CSU werde diese Tafel den Pretzener Bürgern spendieren. Das ist sehr spendabel und gutherzig, das müssten sogar die Freien Wähler zugeben, falls sie sich jemals wieder zu dieser Tafel äußern werden.

Aber Hagl hat schon recht: Eigentlich sind die Grünen die besseren Gutmenschen. Ihnen fiele es nicht im Traum ein, eine gute Tat so zu platzieren, dass die politischen Mitbewerber dastehen wie Trottel. Auch die politikerfahrene Helga Stieglmeier ist da keine Ausnahme und sagte erst kürzlich ausdrücklich, sie wolle lieber ein guter als ein schlechter Mensch sein. Nur, mit Wollen alleine ist es nicht getan, man muss es schon auch draufhaben. Und da gibt es bei den Grünen leider noch Luft nach oben. In Anlehnung an die gute Tat der Erdinger CSU schlug der Grüne Herbert Maier kürzlich vor, die Grünen könnten der Stadt doch ein Schild spendieren, das den Radfahrern gestattet, von der Krankenhausstraße links in die Innenstadt abzubiegen. Aber Pech gehabt: Dies sei Angelegenheit des Ordnungsamtes, beschied ihm OB Max Gotz (CSU). Und in amtlichen Dingen sei Sponsoring verboten. Es wird besser sein, wenn die Grünen auch künftig die globalen Themen im Auge behalten und den lokalen Kleinkram eher den anderen überlassen.

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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