Mitten in der Region:Namen ohne Bedeutung

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Im Meisenweg können sich durchaus Meisen aufhalten - müssen aber nicht. Oder vielleicht doch?

Kolumne von Wieland Bögel

Die Frage warum Straßen so heißen, wie sie es eben tun, ist nicht immer einfach zu beantworten. Am nachvollziehbarsten sind Namen wie Münchner oder Hohenlindner oder Dorfener Straße. Da weiß der Benutzer: Ganz hinten, wo es nicht mehr weitergeht, beziehungsweise der Ort endet, da ist dann irgendwann München, Hohenlinden oder Dorfen. Schwieriger wird es, sind Straßen nach anderen Orten, Gegenständen, Pflanzen, Tieren oder gar Leuten benannt.

So führt etwa das mit den Leuten regelmäßig zu Verwirrungen. In der harmlosen Variante darüber, wer den nun der eine oder die andere gewesen sind, nach denen eine Straße benannt ist. In der etwas anstrengenderen regen sich Leute, nach denen meistens noch keine Straßen benannt wurden, darüber auf, dass welche nach anderen, meist toten, Leuten benannt wurden, nach denen man auf keinen Fall hätte eine Straße benennen dürfen, weil sie sich zu Lebzeiten gar so unanständig aufgeführt hätten.

In vielen Orten vermeidet man solche Konflikte durch den Bezug aufs Geografiebuch oder auf Flora und Fauna. Der Wendelstein ist doch als Namenspatron komplett unverfänglich, genau wie das Rotkehlchen oder auch der Ahorn. Wobei, klarer wird die Straßenbenennung dadurch auch nicht. Schließlich können sich im Meisenweg durchaus Meisen aufhalten - müssen aber nicht. Und welche Bäume im Ahornweg stehen, darüber gibt auch nicht unbedingt das Straßenschild Auskunft - oder vielleicht doch?

In einem Gemeinderat jedenfalls musste jüngst darüber entschieden werde, ob mehrere Buchen gefällt werden dürfen, die sich im Ahornweg befinden. Klar, rein namenstechnisch passen die da nicht hin und Ortsunkundige könnten beim Blick auf sie irritiert werden, weil sie sich in der Buchenstraße wähnen. Doch das war gar nicht der Grund für die beantragte Fällung. Stattdessen hatte sich der Grundstückseigentümer über baumtypische Ausfall- beziehungsweise Abfallerscheinungen beklagt: Zu viel Laub auf dem Boden. Was dem Gemeinderat indes für eine Fällung nicht reichte, das Gremium befand, die Buchen seien geschützt, auch im Ahornweg. Merke: der Namen muss für nichts stehen. Oder führt die Dachauer Straße in Erding nach Dachau? Irgendwann schon, nach diversem Mal Abbiegen. Aber erst landet man in Niederding.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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