Mitten in der Region:Einfach mal abschalten

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Ausgerechnet ein Verlag aus Köln will die Bajuwarisierung vorantreiben

Von Gregor Schiegl

Die Erwachsenen grölen Zicke-Zacke-Hühnerkacke, auf dem Tisch tanzen Burschen mit furchteinflößenden Bierhüten Kasatschok und die aufgebrezelten Dirndl-Barbies kriegen beim Selfie-Knipsen einen hysterischen Lachanfall. Es ist Volksfestzeit, yiiihaaah! Und alle flippen aus. Zicke-Zacke-hey-hey-hey! "Es gibt Situationen, da hilft nur ein Jodler oder der sanfte Klang eines Alphorns", säuselt uns nun die Werbeabteilung eines Verlags ins umtatawunde Ohr. "Um dem Irrsinn der Realität stets etwas entgegensetzen zu können, wurde nun ein kleiner blauer Kasten erfunden." Und nein, es handelt sich nicht um eine Kiste Augustiner, sondern eine Jodelmaschine, Stückpreis 12,95 Euro.

Hier eine unbezahlte Werbeunterbrechung dieser Kolumne: "Mit der Jodelmaschine haben Sie 16 urbayerische Klänge in der Tasche und die Stimmung immer in der Hand. Weiß-blaue Zitate, witzige Sounds und bayerische Melodien von Schuhplattler bis Bayernhymne garantieren Oktoberfest-Laune auf Knopfdruck. Machen Sie sich die Welt ein kleines bisschen bayerischer." Ausgerechnet ein Verlag aus Köln will die Bajuwarisierung vorantreiben? Köln liegt bekanntlich in einem Retorten-Bundesland namens Enerwe, das mit Bayern so wenig zu tun hat wie Kölsch mit Bier. Erstaunlich ist auch, dass in einem Zeitalter, in dem Dirndl Handytaschen state of the art sind, die Jodelmaschine nicht einfach als smartphonegängige App auf den Markt kommt. Blaue Kästchen sind ja so was von old school, so was von tamagotchi! Nineties und mega-out!

Freilich ist die Konkurrenz stark: Es gibt die Schuhplattler-App, den Bairisch-Übersetzer oder das iBeer, das dem User eine virtuelle Fortsetzung des Alkoholmissbrauchs erlaubt. Es gibt auch schon eine App namens Jodel, die mit dem Jodeln im Hollaridiljöhschen Sinne aber wenig zu tun hat. Durch die Jodel App kann jeder anonym seine Sprüche in die digitalen Alpentäler schmettern. Zum Beispiel: "Wer anderen einen Döner brät, der hat vermutlich das Gerät." Unsere Empfehlung gegen den Irrsinn: Einfach mal abschalten. Also dann: Servus!

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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