Mitten im Nahverkehr:Tiefsinnige Bus-Gespräche

Lesezeit: 2 min

Gespräche mit anderen Reisenden sind eine spannende Möglichkeit, die Zeit im Bus zu nutzen.

Von Florian Tempel

Bus fahren gilt manchem als dröge Angelegenheit. Das ist völlig falsch. Im Bus bieten sich vielfältige Möglichkeiten, die Zeit zwischen hier und dort sinnvoll zu verbringen. Mit etwas Übung lernt man, im Sitzen zu schlafen. So ein kleines Nickerchen, das ist doch herrlich. Weil es eh immer ein bisschen dröhnt und rasselt im Bus, braucht man sich keine Gedanken darüber zu machen, die Mitreisenden durch sein Schnarchen zu stören. Wichtig ist allerdings, dass man lernt, rechtzeitig vor dem Ziel wieder aufzuwachen. Sonst verpufft der ganze Entspannungseffekt. Lesen im Bus ist zugegebenermaßen nicht jedermanns Sache. Da kann einem leicht speiübel werden. Gespräche mit anderen Reisenden sind hingegen eine unbedenkliche Möglichkeit, die Zeit im Bus zu nutzen. Das Schöne an solchen Unterhaltungen ist, dass jeder etwas davon hat. Auch die, die drei Reihen weiter vorne sitzen.

Ein Vater und sein Sohn steigen ein und setzen sich ganz hinten hin. Die beiden beginnen ein Gespräch, einen Dialog im klassischen Sinn. Der eine stellt Fragen, der andere muss antworten. Der Junge ist etwa fünf Jahre und altersgemäß wissbegierig. Er fragt seinen Papa, ob der Bus brennen kann. Der Vater wiegelt ab. Der Bus bestehe zum allergrößten Teil aus unbrennbarem Metall und Glas. Aber die Sitze sind aus Stoff. Richtig, doch die sind aus Sicherheitsgründen extra schwer entflammbar. Im Fernsehen haben sie schon mal einen brennenden Bus gezeigt. Das stimmt, aber das war ganz woanders, weit weg, nicht bei uns. Der Wissensdurst des Buben ist unersättlich, und sein Vater hat auf alles eine Antwort. Das ist vorbildlich. Es wäre pädagogisch fatal, wenn er das Urvertrauen seines Kindes durch ein "keine Ahnung, was weiß ich" erschüttern würde.

Der Bus hält an, jemand steigt ein. Anlass für einen neuen Themenkomplex. Warum hat der Bus gerade jetzt angehalten? Da war eine Haltestelle, siehst du, da steht ein spezielles Schild am Straßenrand. Für einen kurzen Moment ist es sonderbar still. Dann: Warum hat der Bus jetzt nicht angehalten? Ja, da war eine Haltestelle, aber da war wohl niemand, der einsteigen wollte. Wie viele Menschen können überhaupt in so einen Bus einsteigen? Also dieser hat etwa 50 Sitzplätze. Wenn überall welche sitzen, kann dann keiner mehr einsteigen? Doch, es gibt noch Stehplätze, da muss man sich während der Fahrt festhalten, da gibt es extra Griffe. Aber wenn überall Leute sitzen und stehen und keiner mehr rein passt, was ist dann? Dann müssen welche aussteigen, sagt der Vater, und das ist immer so: Der Kleinste und Jüngste muss als erster raus. - "Och, Papa."

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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