Mitten im Landkreis:Das Los der Verfahrerin

Sind höhere Mächte im Spiel, die Brücken, Abzweigungen und Wegschilder umstellen oder gar entfernen?

Von Regina Bluhme

Ein Termin auf einem einsam gelegenen Hof irgendwo im schönen Erdinger Hinterland. Weder Name noch geografische Lage des Weilers sind der Journalistin B. geläufig, geschweige denn die Route. Für letztere gibt es heute glücklicherweise Navigationsgeräte, allerdings nicht im Wagen der Reporterin. Nun muss die Anfahrt nach Angaben der Hofherrin erfolgen und B. weiß: Das klappt nie. Denn B. gehört zu einer speziellen Gattung von Autofahrern - den Verfahrern.

Dieser Spezies ist es nicht möglich, einfach von A nach B zu fahren, nein, es muss immer ein Umweg über C dabei sein. Trotz minutiöser Wegbeschreibung der netten Landfrau ("unser Hof ist ganz leicht zu finden: Im Ort bei der Kreuzung links, dann immer geradeaus und vor alten Brücke rechts") landet B. auf einem einsamen Waldweg; und nur die Angaben eines zufällig vorbeikommenden Spaziergängers ermöglichen der Verfahrerin den Rückweg in die Zivilisation. Einige wilde Wendemanöver, tollkühne Fahrbahnwechsel und Telefonate später erreicht B. mit dreißigminütiger Verspätung den Einödhof in wirklich idyllischer Lage. Für die B. allerdings keinen Blick übrig hat. Vielmehr fragt sich die Verfahrerin, wie sie wieder einmal so weit vom Weg abkommen konnte. Sind höhere Mächte im Spiel, die Brücken, Abzweigungen und Wegschilder umstellen oder gar entfernen? Ist es Unachtsamkeit oder einfach nur Unfähigkeit?

Hier eine Bitte in eigener Sache: Sollte demnächst ein kleines weißes Auto in Ihrer Einfahrt mit quietschenden Reifen halten und hastig wenden, dann schimpfen Sie bitte nicht gleich los. Es handelt sich wahrscheinlich um die Verfahrerin B. Sie kann nicht anders.

© SZ vom 29.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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