Mitten auf dem Balkon:Die Hackordnung der Piepmätze

Erst kommen die Amselmänner, dann die Amselfrauen

Von Ingrid Hügenell

Schon mehrfach haben wir an dieser Stelle über die gefiederten Freunde und die Fütterung derselben berichtet. Es ist aber auch wirklich spannend, was sich da abspielt. In zwei flachen Blumenuntersetzern, die in breiten Dauerbalkonkästen stehen, haben wir in schnabelgerechte Happen gebrochene Walnusskerne, Rosinen und Sonnenblumenkerne angeboten. Das wird sehr gerne angenommen, die Sonnenblumenkerne allerdings erst, wenn Nüsse und Rosinen weg sind. Zuerst kommt der forsche Amselmann und bedient sich. Ein paar Tage später trauen sich auch die Amselfrauen, noch ein bisschen später verjagen sie den Pascha sogar.

Alle Amseln zusammen gehen auf die Meisen los, die sich angeblich am liebsten am Knödel hängend versorgen. Das stimmt nur bedingt. Vermutlich liegt das an der Qualität der Knödel, die man im Drogeriemarkt günstig erworben hat. Sie sind für die kleinen, schlauen Vögel längst nicht so interessant wie die Walnüsse und Rosinen, die sie stibitzen, wenn die Amseln nicht herschauen. Die wiederum hauen ab, wenn eine der Elstern vorbeikommt. Der Eichelhäher findet nichts Interessantes und bleibt dem Balkon fern. Schüchtern und heimlich kommt das Rotkehlchen vorbei. Die ganzen Walnüsse mit der Schale holt sich das Eichhörnchen.

Aber wer bedient sich nur an den ungeschälten Kürbiskernen? Auch das Eichhörnchen? Die Elstern? Nein, natürlich die Meisen. Sie schleppen die ganzen Kerne in die Hecke und fressen dort ungestört. Irgendwie logisch. Die selben Vögel rupfen zur Brutzeit alljährlich die gefilzten Sitzkissen, um mit der Wolle ihr Nest auszupolstern. Echte Überlebenskünstler sind das, und Meisenknödel sind ihnen einfach viel zu popelig.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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