Mieten im Landkreis:Hohe Einbußen für Makler

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Die Umsätze sinken bei Wohnungen deutlich, seit nicht mehr die neuen Mieter die Provision bezahlen müssen. Viele Vermieter in Erding versuchen nämlich jetzt, ihre Immobilie selbst an den Mann zu bringen. Mitleid mit den Maklern muss man aber nicht haben.

Von Judith Issig, Landkreis

Josef Seibold, Makler aus Erding, bezeichnet das sogenannte Bestellerprinzip als "hirnverbranntes Gesetz". Seit 1. Juni 2015 gilt die neue Regelung für die Vermittlung von Mietwohnungen: Die Provision für den Makler bezahlt seither derjenige, der den Makler beauftragt hat - in der Regel ist das der Vermieter. In der Vergangenheit mussten oft die zukünftigen Mieter für die Provision aufkommen, auch wenn sie den Makler nicht beauftragt hatten. Die Neuregelung bringt viele Makler in der Region in Schwierigkeiten.

VID Immobilien, Josef Seibolds Maklerbüro, hat seit Juni die Hälfte seines Umsatzes im Mietgeschäft eingebüßt. Zwei Mitarbeiter musste Seibold entlassen. Auch Makler Andreas Birkemeyer aus Lengdorf und das Immobilienbüro Sperr und Zellner mit Büros in Erding und Dorfen haben bei Mietwohnungen halb so viel eingenommen wie vor der Gesetzesnovelle.

Vermieter, die bisher die Provision - meistens in Höhe von zwei Kaltmieten - auf die neuen Mieter abwälzen konnten, versuchen jetzt, die Kosten für den Makler zu sparen. "Viele Vermieter bieten ihre Wohnungen und Häusern jetzt selbst an", sagt Raimund Sieg von Haus und Grund, der Dachorganisation der Hausbesitzervereine. Die Online-Portale erleichterten es den Vermietern, ihre Wohnungen zu bewerben, sagt Frederic Hack. Der Rechtsanwalt für Mietrecht ist im Vorstand des Mietervereins Erding. Außerdem sei es gerade in Erding kein Problem, eine Wohnung unter der Hand zu vermieten.

Besonders kurz nach der Einführung des Bestellerprinzips im Juni 2015 haben die Makler deutlich weniger Aufträge bekommen. "Die Vermieter sind nicht bereit, für die Vermittlung zwei volle Kaltmieten zu bezahlen", sagt Makler Andreas Birkemeyer. Er habe deswegen die Preise gesenkt und garantiere den Vermietern, dass der neue Mieter auf eine festgelegte Zeit in der Wohnung bleibt. Ist dies nicht der Fall, sucht der Makler kostenlos einen neuen Mieter. "Noch kann ich damit wirtschaften", sagt Birkemeyer.

Anders sieht das Jürgen Zellner: "Im Moment ist es ein Minusgeschäft." Auch sein Büro bietet jetzt drei neue Pakete zu unterschiedlichen Preisen an. Aber nur eines entspricht dem Wert der bisher üblichen Courtage. Langfristig müssten die Makler jedoch wieder eine Provision von zwei Monatsmieten bekommen, findet auch Josef Seibold. Sogar Frederic Hack vom Mieterverein sagt: "Die Makler können einem schon fast Leid tun."

Wohnungssuchende können ebenfalls einen Makler beauftragen. Doch darauf greifen in der Regel nur die zurück, die weit weg leben und keine Zeit haben, öfter in den Landkreis zu fahren, sagt Andreas Birkemeyer. Die Makler selbst haben kein großes Interesse daran, von Wohnungssuchenden beauftragt zu werden. Denn sie dürfen den potenziellen Mietern nur Wohnungen zeigen, die sie explizit für diesen Kunden gesucht haben. Wohnungen, die die Makler bereits in ihrem Portfolio haben, sind tabu und auch anderen Interessenten dürfen sie diese Wohnungen nicht mehr zeigen.

Makler stehen nicht vor der Pleite

Aber trotzdem: Die Makler im Landkreis stehen nicht alle kurz vor der Pleite. Für Kaufobjekte gilt das Bestellerprinzip nicht. Hier ist alles beim Alten geblieben und die Käufer zahlen die Courtage. Außerdem umwerben die Makler die Vermieter mit ihren Serviceleistungen. "Schön langsam kommen die Vermieter zurück", sagt Andreas Birkemeyer. Die Vermittlung einer Wohnung sei eben doch sehr zeitaufwendig.

Befürchtungen, Makler würden auf unlauteren Wegen versuchen, die Provision doch weiterhin von den neuen Mietern zu kassieren, kann der Mieterverein Erding bisher nicht bestätigen. Erst zwei Fälle sind dem Mieterverein gemeldet worden, bei denen Makler so etwas versucht hatten. "Wir haben das nicht weiter nachverfolgt, weil ohnehin kein Vertrag abgeschlossen wurde", sagt Frederic Hack.

Aus Mietersicht sei das Bestellerprinzip eine enorme Erleichterung: "Wegen der Provision war der Umzug für Mieter früher sehr teuer," sagt Hack. Auch einige Makler haben Verständnis für die Neuregelung. "Früher was es unfair", sagt Andreas Birkemeyer, "dass nur der Mieter zahlen musste." Doch viele seiner Kollegen sehen das anders. "Eine Katastrophe", sagt Josef Seibold, "wir hoffen, dass das Gesetz gekippt wird." Der Immobilienverband Deutschland, die Interessensvertretung der Makler, hat im vergangenen Jahr Verfassungsbeschwerde eingereicht.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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