Logistiker für Erding:Visualisierte Dimensionen

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Ein Video der Wählergruppe Erding Jetzt schlägt hohe Wellen im Internet. Es zeigt, dass die geplante Logistikhalle größer wäre als die Innenstadt, und bringt eine Alternative auf den Tisch

Von Veronika Wulf, Erding

Nur zwei Minuten und sieben Sekunden dauert das Video, das höhere Wellen geschlagen hat, als seine Macher gedacht hätten. Darin kritisiert die Wählergruppe Erding Jetzt die geplante Logistikhalle im Erdinger Westen und schlägt stattdessen ein Mischgebiet für Gewerbe und Wohnungen vor. Das Video zeigt anschaulich die Größendimension der Halle, welche die Firma VIB Vermögen AG, ein Immobilienentwickler aus Neuburg an der Donau, auf dem Gelände zwischen Sigwolf- und Dachauer Straße bauen möchte. Und es zeigt dem Investor, der mit einer 3D-Darstellung auf sich warten lässt: Es geht auch schneller.

Die Diskussion um das Bauvorhaben begann im November 2016, als die ersten Pläne im Stadtrat vorgestellt wurden: Auf dem 22 Hektar großen Areal soll eine Logistikhalle, ein Recyclinghof und ein Gewerbehof entstehen. Über die beiden Letzteren war man sich schnell einig, doch die Logistikhalle fand sofort ihre Gegner. Sie soll 81 000 Quadratmeter messen, so viel wie keine andere Logistikhalle in Erding. Neben den Grünen sprachen sich bald die Freien Wähler dagegen aus. Und Erding Jetzt, die gleich zu Beginn ihre Angst vor Amazon als möglichen Mieter kundtaten. Die CSU-Fraktion im Stadtrat ist grundsätzlich für eine Halle, jedoch nicht um jeden Preis. Ihre Zustimmung macht sie von der konkreten Ausgestaltung abhängig, ebenso die SPD.

Anders sieht es bei der Erding Jetzt-Fraktion aus, die partout gegen die riesige Logistikhalle an dieser Stelle ist. Mit ironischem Unterton und einer 3 D-Simulation des Baugebiets erklärt sie in dem Video, dass allein die Halle deutlich größer wäre als die Erdinger Innenstadt. Hinzu käme viel Lärm und Verkehr durch die LKW eines Logistikers, die Flughafentangente würde verstopfen und die Arbeitsplätze, die entstehen würden, seien "minderqualifizierte Billigarbeitsplätze, Leih- und Zeitarbeiterjobs." Deshalb der Vorschlag von Erding Jetzt: ein Mischgebiet aus Wohnungen und Gewerbe, teilweise begrünt - einen "Campus" nennt es die Stimm auf dem Off.

24 Stunden, nachdem Erding Jetzt das Video auf Facebook hochgeladen hatte, hatten es bereits 12 000 Menschen angeschaut, inzwischen sind es 31 000. "Wir hätten bei Weitem nicht erwartet, dass das Video so einen Schneeballeffekt auslöst", sagt Michael Lang. Er hat zusammen mit seinen Kollegen der Wählergruppe das Konzept und den Text erstellt, die technische Umsetzung hat ein Profi übernommen. "Wir wollten ausprobieren, wie die Kommunikation über sozialen Medien im Vergleich zu Flugblättern funktioniert", sagt Lang. Besser - oder zumindest günstiger: Flugblätter mit einem Wimmelbild, die Erding Jetzt im Oktober in alle Haushalte der Stadt flattern ließ, haben etwa 12 000 Euro gekostet. Die Produktion des Videos nur knapp 1500 Euro, sagt Lang.

Reaktionen auf das Video gab es viele: Mehr als 400 Leuten gefällt es auf Facebook, 70 haben es kommentiert. Auch persönlich wurden Lang und der Fraktionsvorsitzende Hans Egger darauf angesprochen. "Viele waren überrascht, was da geplant wird", sagt Egger. Eine Petition gegen die Logistikhalle, wie sie manche Facebook-Nutzer forderten, sei nicht geplant. "Wir wollten lediglich die Bürger informieren und eine Diskussion zur Meinungsbildung in Schwung bringen", sagt Egger.

Ein Seitenhieb auf den Investor ist das Video aber schon. Seit Wochen forderten die Grünen im Stadtrat ein dreidimensionales Modell des geplanten Areals, auch die anderen Fraktionen warten auf Details der Pläne. "Wir wollten zeigen, dass so eine Darstellung relativ einfach machbar ist", sagt Egger. Doch nicht alle halten die Umsetzung im Video für sinnvoll.

"Diese Animation dient im Wesentlichen als Schreckgespenst", sagt der CSU-Fraktionsvorsitzende Jakob Mittermeier. "Die Größe der Halle kann ich mir auch so vorstellen. Mich interessieren die Nutzungen im Einzelnen." Wie oft wird die Halle unterteilt? Wie viele Unternehmen ziehen ein? "Erst wenn die Simulation des Investors vorliegt, werden wir sehen, ob man das umsetzen kann", sagt Mittermeier. Von der Firma VIB heißt es, eine professionelle Darstellung brauche seine Zeit. "In den Prozess der Bebauungsplanerstellung fließen viele Aspekte wie naturschutzrechtliche Erfordernisse, Emissionsgutachten, Verkehrsgutachten ein", sagt Vorstandsassistentin Petra Riechert. Man halte nichts von "Effekthascherei."

Hinter dem Mischgebiet-Vorschlag von Erding Jetzt steht noch kein detaillierter Plan. "Ich kann auch nur davor warnen", sagt Mittermeier. Wenn Wohnungen und Gewerbe so nah beieinander wären, gäbe es Lärm- und Verkehrsprobleme. Und für Wohnungen seien andere Orte vorgesehen: das Poststadel-Areal an der B 388, der "Südliche Thermengarten" und das Baugebiet "Am Erdbeerfeld".

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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