Kritik an der rigiden Praxis:Unter erschwerten Bedingungen

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Im Landkreis Erding ist es für Flüchtlinge sehr schwierig, eine Arbeits- oder Ausbildungserlaubnis zu erhalten

Von Florian Tempel, Erding

Beim Neujahrsempfang der Aktionsgruppe Asyl (AGA) wurde das Positive betont: 16 junge Frauen und Männer traten vors Publikum, jeder so ganz anders als der neben ihm: hoch gewachsen oder eher kleiner, mit hellem Teint oder dunkler Haut, mit Brille oder Kopftuch, glatt rasiert oder mit Bart. Allen gemeinsam war jedoch der Erfolg, als Flüchtling im Landkreis in kurzer Zeit Fuß gefasst zu haben.

Dennoch: das große Thema im Jahr 2017 wird die rigide Praxis der Erdinger Behörden bei der Erteilung beziehungsweise der Nichterteilung von Arbeits- und Ausbildungserlaubnissen. Im Landkreis Erding werden ganz erheblich weniger Anträge genehmigt als zum Beispiel im benachbarten Landkreis München. In Erding werden 80 Prozent der Anträge auf Arbeitserlaubnis abgelehnt. Im Landkreis München sind laut Auskunft des dortigen Landratsamtes von Januar bis Ende Oktober mehr als 90 Prozent der Anträge genehmigt worden. Das sind enorme Unterschiede. Ebenso eklatant ist der Unterschied bei der Genehmigung von Ausbildungsplätzen. In Erding waren bis Anfang Oktober von 26 Anträgen nur sieben positiv beschieden worden. Im Landkreis München wurden hingegen von 60 Anträgen auf Ausbildung nur drei abgelehnt.

Sieben Erdinger Arbeitgeber stellen im September öffentlich klar, dass sie gerne Flüchtlinge als Azubis einstellen würden. Doch das scheitere oft und in nicht nachvollziehbarer Weise, weil Arbeitsgenehmigungen in Erding gar nicht oder nur unzureichend erteilen würden. Als AGA-Vertreter im November im Maximilianeum eingeladen sind, übergeben sie Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) Stamm eine von 662 Unterzeichnern unterstützte Petition - mit "der dringenden Bitte um Überprüfung und Beendigung" der restriktiven Erdinger Behördenpraxis.

Zwei Tage später wird die schon eineinhalb Jahre alte Petition zur Abschaffung der Flüchtlingsgeldkarte Kommunalpass abschließend vom Sozialausschuss behandelt. Dieser empfiehlt einstimmig, dass das Landratsamt mit den Helferkreisen ins Gespräch kommen sollte. Die Arbeitsgruppe Kommunalpass hat angeboten, dass garantiert jeder Flüchtling ein Bankkonto haben werde, so dass man den Kommunalpass abschaffen und die Sozialleistungen fortan überweisen könnte. Landrat Bayerstorfer sagt jedoch: "Warum soll ich was ändern?" Über den Appell des Sozialausschusses, man möge in einen Dialog treten, geht er gereizt hinweg. Die Mitglieder des Sozialausschusses hätten ihm, "wenn sie Mumm hätten", ja deutlicher sagen können, was sie meinten.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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